Grimmig schaut der Indianerkopf auf den Helmen des Washingtoner Footballteams der gegnerischen Mannschaft entgegen. Abseits des Spielfeldes schauen Native Americans grimmig auf das Logo selbst und die Verantwortlichen der Football-Liga. Bild: Keith Allison via Flickr CC BY-SA 2.0

Panther gegen Falken, Giganten gegen Cowboys, Colts gegen Rothäute: Was nach Tierdoku, Hollywood oder Westernstreifen klingt, sind Paarungen im US-amerikanischen Profi-Sport. Doch nicht nur auf dem Rasen geht es hoch her. Auch die Namen und Logos einzelner Teams erhitzen die Gemüter – der Vorwurf: Rassismus.

Von Johanna Fischotter

Die Ränge leuchten in Burgunderrot, Weiß und Gold. Der Schlachtgesang erschallt aus mehr als 75.000 Fankehlen, schwillt an: „Braaaves on the warpath, Fight for old D.C.!“ (dt.: Krieger auf dem Kriegspfad, kämpft für das alte D.C.). Die Fans haben sich mit Federn geschmückt, ihre Gesichter bemalt und tragen die Trikots ihrer Mannschaft. Genau in die Spielfeldmitte des Stadions FedExField ist ein Indianerkopf im Profil gepinselt. In der Endzone prangt in roten Versalien mit gelbem Rand der Name der Washingtoner Profi-Footballmannschaft: Redskins – auf Deutsch Rothäute.

Eben dieser Name der Washington Redskins sorgt immer wieder für Diskussionen. Die Forderung: der rassistische Name muss weg. Roger Goodell, der Chef der amerikanischen Football-Liga (NFL), sieht in dem Namen jedoch keinen Rassismus, sondern eine „vereinigende Kraft“, die für Stärke, Mut und Respekt stehe. Daniel Snyder, der Besitzer der Washington Redskins, verteidigt ihn in Briefen an die Fans und in Interviews immer wieder als Tradition und Ehrerbietung vor den Native Americans. Niemals, würde er den Namen der Redskins ändern. – Eine Haltung, die viele Fans unterstützen.

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Im Oktober 2013 demonstrieren etwa 100 Aktivisten vor dem Spiel der Denver Broncos gegen die Washington Redskins für eine Namensänderung ebendieser. Bild Confrontational Media via Flickr CC BY-NC-ND 2.0

Indigene Aktivisten, Sportjournalisten und Politiker kritisieren den Namen dagegen immer wieder als diskriminierend. Der Begriff sei eine herabwürdigende Benennung von Indianern. Zum Teil weigern sie sich sogar, den Namen der Football-Mannschaft auszusprechen. Das R-Wort sei auf die Vergangenheit zurückzuführen: Damals machten Kopfgeldjäger offiziell Jagd auf Native Americans, zogen ermordeten Indianern die Haut ab und erhielten für diese buchstäblich blutroten Fetzen als Beweis ihre Bezahlung. Der Ausdruck geht somit auf die Gewalt zurück, der Indigene jahrhundertelang ausgesetzt waren. Das schmerzt. Die Oneida-Indianer haben 2013 deswegen eine Kampagne zur Namensänderung ins Leben gerufen.

Die Namens-Kritiker erzielen Erfolge. Snyders „Niemals“ geriet in den letzten Jahren immer wieder ins Wanken und er selbst vermehrt unter Druck. Im Oktober 2013 setzte sich der damalige US-Präsident Barack Obama für eine Namensänderung ein: „Wenn ich Besitzer des Teams wäre und ich wüsste, dass es einen Namen meines Teams gibt, der – selbst wenn er seine eigene Geschichte hat – eine relevant große Personengruppe brüskiert, ich würde darüber nachdenken, ihn zu ändern.“

Auch einige ehemalige Football-Spieler ergreifen Partei. Athleten wie Art Monk, der selbst bei den Redskins spielte und 2008 in die Pro Football Hall of Fame gewählt wurde, Linebacker London Fletcher, ebenfalls ehemaliger Redskins-Spieler, oder Jason Taylor, der eine Saison für die Redskins spielte, unterstützen mit ihren in den USA prominenten Stimmen die Kampagne zur Namensänderung. Sogar aktive Spieler wie der Star-Cornerback Richard Sherman oder zuletzt im Mai 2018 A. J. Francis, der für die New York Giants spielt, äußern sich öffentlich und kritisch zu dem Thema. Das ist ungewöhnlich, da ihr Arbeitgeber, die NFL in Gestalt von Roger Goodell, die Gegenposition einnimmt.

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Anthony Joseph Francis spielte von 2016 bis 2017 für die Redskins. Heute steht er für die New York Giants auf dem Feld. Im Mai 2018 bezeichnete er das Logo der Redskins öffentlich als rassistisch. Bild: Keith Allison via Flickr CC BY-SA 2.0

Schon länger rücken die Redskins allerdings nach und nach von ihrem alten Image ab. Die Cheerleader performen keine Regentänze mehr, wenn den Footballern ein Touchdown gelingt. Ihre geflochtenen schwarzen Zöpfe, das Stirnband und das an Leder erinnernde Fransenoutfit gehören der Vergangenheit an. Die Zeile „Skalpiert sie!“ wurde schon 1972 aus dem Schlachtgesang entfernt. Nur die letzte Konsequenz, die Namensänderung, bleibt bis heute aus.

Die Washington Redskins sind nicht die einzige Mannschaft in den USA mit einem kontroversen Namen, Logo oder Maskottchen. Auch die Cleveland Indians, die Atlanta Braves (beide Baseball), die Chicago Blackhawks (Eishockey) oder die Kansas City Chiefs (Football) spielen mehr oder weniger subtil auf Indianer oder deren Kulturgüter an. „Chief Wahoo“, das Logo der Cleveland Indians, ist einer der berühmtesten Indianer im Sport – und er wird ab 2019 aus dem Stadion und von den Trikots verschwinden.

1947 hatte das Baseball-Team aus Cleveland den grinsenden Indianer als Logo eingeführt. Damals war seine Haut noch gelb und seine Nase krumm. Benannt wurde er nach einer berühmten Comic-Figur. 1951 änderte sich seine Hautfarbe zu rot. Vertreter der indianischen Organisation American Indian Movement (AIM) (dt.: Amerikanische Indianerbewegung; siehe dazu auch S. 16) kritisierten Chief Wahoo als „das mit Abstand hässlichste Logo der gesamten Baseball-Liga“ und begrüßten dementsprechend die in ihren Augen längst überfällige Entscheidung, in Zukunft auf den Chief zu verzichten.

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Einer der berühmtesten Indianer im Sport räumt das Feld. „Chief Wahoo“, das Logo des Baseball-Teams Cleveland Indians verschwindet ab der Saison 2019 aus dem Stadion, von den Kappen und von den Trikots der Mannschaft. Bild: Ralf Peter Reimann via Flickr CC BY-SA 2.0

Auch Clevelands Bürgermeister Frank Jackson lobte die Entscheidung des Teams in einem Statement. „Sie zeigt der Stadt, der Nation und der ganzen Welt, dass Cleveland ein Ort der Inklusion und der Vielfalt ist. Diese Entscheidung ist eine große Ehre für die Menschen, die unser Land als Erste besiedelt haben.“ Statt des Chiefs wird in Zukunft ein C mit einer integrierten Feder die Trikots und Kappen der Spieler zieren. Fanartikel mit dem Indianerkopf soll es allerdingt auch in Zukunft zu kaufen geben.

Es bleibt abzuwarten, ob sich die Chiefs, Braves oder Blackhawks und allen voran die Redskins durch die Entscheidung der Cleveland Indians dazu bemüßigt fühlen, ihren eigenen Umgang mit Vorwürfen bezüglich Rassismus zu überdenken – oder gar zu ändern.

College Football

Universitäten und Colleges haben ihre eigenen Footballmannschaften. Sie sind die Startrampe für die Spieler in die Profi-Liga. Die Spiele locken zum Teil mehr als 100.000 Zuschauer ins Stadion. Darüber hinaus werden die Spiele der bedeutendsten College-Mannschaften samstags live im US-Fernsehen übertragen. Die College Football Teams dürfen seit einer 2005 von der Liga selbst aufgestellten Regel nicht mehr in den Play-offs spielen, wenn sie mit ihren Namen, Maskottchen oder Logos auf Indianer oder deren Kulturgüter anspielen. Die Play-offs sind die Endrunde der Meisterschaft.


Johanna Fischotter ist Journalistin und seit 2018 leitende Redakteurin der Zeitschrift „bedrohte Völker – pogrom“ der Menschenrechtsorganisation Gesellschaft für bedrohte Völker.


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