Das Fort Hammenhiel ist ein ehemalig niederländisches Fort, in welchem die Marine heute ein Hotel führt. Bild: Yves Bowie für GfbV Schweiz

Neun Jahre nach dem Ende des Bürgerkrieges in Sri Lanka bleibt das Militär allgegenwärtig – vor allem im von Tamilen dominierten Norden und Osten des Landes. Mit dem Tourismus hat es ein neues Betätigungsfeld gefunden. Es bietet Besuchern Unterkünfte und touristische Aktivitäten. Somit raubt es vor allem der tamilischen Lokalbevölkerung wichtige Einkommensquellen.

Von Yves Bowie

Sri Lanka ist eine beliebte Tourismusdestination mit Traumstränden und einer einzigartigen Flora und Fauna. Der Tourismus erlebt derzeit einen regelrechten Boom auf der Insel im indischen Ozean. Sri Lanka ist jedoch nicht nur ein idyllisches Urlaubsziel für Sonnenhungrige. Es ist auch ein Land voller Schattenseiten. Der 26-jährige Bürgerkrieg von 1983 bis 2009 zwischen den sri-lankischen Sicherheitskräften und der tamilischen Rebellenorganisation „Liberation Tigers of Tamil Eelam“ (LTTE) forderte zehntausende Tote und hunderttausende Vertriebene. Beide Seiten haben mutmaßlich Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen. Zehntausende Vertriebene konnten bis heute nicht auf ihr traditionelles Land zurückkehren. Auch neun Jahre nach dem Kriegsende ist die Menschenrechtssituation besorgniserregend und die Unterdrückung der ethnischen und religiösen Minderheiten weit verbreitet.

Militär als Wirtschaftsakteur

Die Militarisierung im tamilisch dominierten Norden und Osten des Landes ist hoch. Gewisse Regionen im Norden gehören zu den stärksten militarisierten Gebieten der Welt. Das Militär besetzt große Landstriche, welche mehrheitlich von Tamilen bewohnt waren. Die früheren Bewohner verloren dadurch meist ihre traditionelle Lebensgrundlage. Die militärische Besetzung grenzt den Zugang zu Landwirtschaftsgebieten und Fischereigründen ein oder versperrt ihn ganz. Das Militär nutzt diese Flächen beispielweise für die Landwirtschaft. Die Produkte werden auf dem lokalen Markt verkauft – zu Preisen, mit denen die lokalen Bauern nicht konkurrieren können.

Das Fort Hammenhiel ist ein ehemalig niederländisches Fort, in welchem die Marine heute ein Hotel führt. Bild: Yves Bowie für GfbV Schweiz

Militärische Besetzung für Tourismuszonen

In mindestens zwei Regionen an der Ostküste Sri Lankas hat das Militär besetztes Gebiet für den Tourismus freigegeben. 2010 vertrieb die sri-lankische Marine aus dem Ort Kuchchaveli 300 Menschen. Auch die Strandwadenfischerei wurde verboten, wodurch Hunderte Fischer ihre traditionelle Existenzgrundlage verloren. Später erklärte ein Schild, dass das besetzte Land als Tourismuszone genutzt werden solle. Derzeit bietet ein Luxushotel Zimmer an. Weitere Hotels sind im Bau und es werden noch mehr Investoren gesucht.

In dem Dorf Paanama haben 2010 bewaffnete Männer 350 Familien aus ihren Häusern vertrieben. Die Lokalbevölkerung hat sich gegen die Vertreibung organisiert. Trotzdem errichtete die Marine auf dem besetzten Land ein Hotel. Ein zweites Hotel ist derzeit im Bau. Die Regierung hat zwar 2015 beschlossen, das Land wieder zurückzugeben. Bis heute hat sich das Militär jedoch geweigert, das Gebiet zu verlassen. Es ist nicht auszuschließen, dass auch weitere besetzte Gebiete zu einem späteren Zeitpunkt für den Hotelbau freigegeben werden.

Touristische Angebote des Militärs

Das sri-lankische Militär raubt nicht nur Land für die Tourismusindustrie, es bietet auch selbst verschiedene touristische Angebote an. So führt die Armee eine Luxushotelkette namens Laya, deren vier Hotels über das ganze Land verteilt sind. Die Marine hat Walbeobachtungen im Programm sowie fünf Unterkünfte. Darunter befindet sich auch das Hotel im besetzten Gebiet in Paanama. Die Luftwaffe führt Inlandflüge zu Spottpreisen für Touristen durch. Lokale Luftfahrtunternehmen können mit diesen Preisen nicht mithalten. Außerdem betreibt die Luftwaffe zwei Golfplätze und ein Hotel.

In der ehemaligen Hochsicherheitszone auf der Jaffna-Halbinsel führt das Militär das Thalsevana Holiday Resort mit Luxuszimmern und einfachen Unterkünften. Es ist sehr beliebt bei einheimischen Touristen. Das Land wurde der tamilischen Bevölkerung 1990 geraubt. Die ehemaligen Besitzer haben bisher keine Kompensation dafür erhalten. Einige ihrer ehemaligen Nachbarn hatten mehr Glück: Sie haben ihr Land zurückbekommen. Außerdem betreibt das Militär ein Hotel in einem Vogelschutzgebiet auf der Jaffna-Halbinsel. Vor allem im Norden Sri Lankas führt das Militär zusätzlich viele kleinere Läden und Restaurants.

Dieses Schild kündigt in Kuchchaveli die Wandlung in eine Tourismuszone an. Dafür wurden viele Bewohner von ihrem rechtmäßigen Land vertrieben. Bild: Yves Bowie für GfbV Schweiz

Soldaten als Hotelangestellte

Durch die touristischen Angebote durch das Militär werden der Lokalbevölkerung und lokalen Unternehmen wichtige Einkommensquellen entzogen. Die Militärangehörigen beziehen ihren Lohn direkt vom Militärdepartement. Vom Militär organisierte touristische Angebote können somit zu tieferen Preisen angeboten werden als solche von privatwirtschaftlichen Unternehmen. Die Angestellten geben sich relativ offen als Soldaten zu erkennen. Einige tragen sogar Uniformen. Das Militär sichert sich ein lukratives Zusatzeinkommen im Tourismussektor. Was jedoch mit dem erwirtschafteten Gewinn geschieht, ist unklar. Darüber herrscht keine Transparenz.

Keine Demilitarisierung in Sicht

Zivilgesellschaftliche Organisationen und auch einige wenige Privatunternehmen fordern einen sofortigen Rückzug des Militärs aus der Privatwirtschaft. Regierungsvertreter haben versprochen, dass das Militär aus dem Tourismus abgezogen werde. Bisher ist in diese Richtung jedoch nichts passiert. Es gibt auch kaum Anzeichen, dass, trotz diverser Versprechen an die internationale Gemeinschaft, ein Demilitarisierungsprozess eingeleitet würde. Obwohl einige besetzte Gebiete in den letzten Jahren an ihre rechtmäßigen Besitzer zurückgegeben wurden, bleibt das Militär in diesen Gebieten präsent. Auch das Budget für das Verteidigungsministerium wurde in diesem Jahr im Vergleich zum Vorjahr erhöht. Es ist nun fast doppelt so hoch wie beim Kriegsende 2009. Dabei behindert die hohe Militarisierung eine Versöhnung zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen in Sri Lanka.


Yves Bowie ist seit drei Jahren Kampagnenleiter bei der GfbV Schweiz zum Thema Sri Lanka. Er ist selbst sri-lankischer Staatsbürger und reist mehrmals pro Jahr nach Sri Lanka, um Recherchen zur Menschenrechtssituation  zu betreiben.


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