Editorial

Foto: Privat

 

Liebe Leserin, lieber Leser,

„Unser Leben hat sich für immer geändert, als der weiße Mann kam. (…) Wir waren eins mit der Natur seit dem Anbeginn der Zeit, nun sind wir arm und haben keine Identität. Sie haben unser Paradies erobert und es zerrissen. Nun blutet das Herz unserer Mutter“, klagt der Aboriginal Robert Kennedy in dem Gedicht „Wer sind wir?“. 

Als Kapitän James Cook 1770 an der australischen Küste landete und Australien als Kolonie für die britische Krone in Besitz nahm, wurden die Aboriginal People zu Fremden im eigenen Land. Die britischen Kolonisatoren erklärten den Kontinent zur Terra Nullius, zu Niemandsland, das keinem Menschen gehört. Für viele Siedler waren die Aboriginal People damals nicht mehr wert als Tiere. Sie töteten Männer, vergewaltigten Frauen und beanspruchten das Land für sich. Sie entrissen Kinder ihren Familien, um sie zu assimilieren und ihrer Kultur zu entfremden. Damit begann jedoch ein kultureller Genozid, dessen Folgen bis heute fortwirken. 

Erst 2008 entschuldigte sich der australische Premierminister Kevin Rudd für die sogenannte Stolen Generation: „Jetzt ist für unser Volk die Zeit gekommen, ein neues Kapitel in der australischen Geschichte aufzuschlagen, indem wir die Fehler der Vergangenheit korrigieren und mit Zuversicht in die Zukunft gehen. Wir bitten um Entschuldigung für die Gesetze und Richtlinien einander folgender Parlamente und Regierungen, die unseren australischen Mitbürgern Trauer, Leid und Verlust zugefügt haben.“ Das sind solidarische und mitfühlende Worte, sollte man meinen, aber die Realität sieht anders aus.

Die Aboriginal People haben immer noch keine Mitspracherecht, wenn auf ihrem Land Gold, Kohle oder Gas gefördert wird. Doch sie sind diejenigen, die die (gesundheitlichen) Konsequenzen dieses Raubbaus an der Natur zu tragen haben. Deshalb fordern sie seit Jahrzehnten rechtsgültige Verträge mit der australischen Regierung und den Bundesstaaten, damit sie selbst über ihr Land bestimmen können. Allerdings ist der Wunsch nach Selbstbestimmung und Selbstverwaltung nicht die einzige Forderung auf ihrer Agenda, denn sie haben noch mit vielen anderen Problemen zu kämpfen.

Mehr Glück scheinen die Maori in Neuseeland zu haben. Mit dem Vertrag von Waitangi, den die Maori 1840 mit der britischen Krone geschlossen haben, genießen sie formal volle Gleichberechtigung. Seit 1987 ist die Sprache der Maori neben Englisch Amtssprache in „Aotearoa“, im „Land der langen weißen Wolke“, wie die Maori ihre Heimat nennen. Aber auch dort ist nicht alles Gold, was glänzt.

Die indigenen Völker in Australien und Neuseeland wünschen sich Respekt, Anerkennung und einen Dialog auf Augenhöhe. So heißt es in einem zeitgenössischen Aboriginal-Gedicht: „Wir heißen sie willkommen, die Menschen aus Übersee. In unserem Mutterland heißen wir sie willkommen. Denn dieses Land gehört uns bis jetzt und für immer (…) Setz dich auf die Erde mit den Besitzern dieses Landes.“

Ihre Sandy Naake

Redakteurin von bedrohte Völker - pogrom

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