Editorial

Yvonne Bangert - © Kurt Weber

 

 

Liebe Leserin, lieber Leser,

beim 21. UN-Klimagipfel im Dezember 2015 in Paris ging es um nichts Geringeres als um ein Abkommen zur Rettung der Welt vor den Folgen des Klimawandels. Eigentlich sollten für so ein hehres Ziel alle an einem Strang ziehen: die indigenen Völker – im Allgemeinen besonders erfolgreiche Natur- und Klimaschützer – und die Vertreter von Regierungen, aus der Wirtschaft und Industrie. Doch während die Repräsentanten der einzelnen Staaten sich bei der eigentlichen Konferenz in der sogenannten blauen Zone abschotteten, mussten die Delegationen der indigenen Völker, Fischer, Kleinbauern, Umweltschützer und Menschenrechtler in der sogenannten grünen Zone ausharren. Kontakte oder gar gemeinsame Beratungen beider Gruppen waren nicht erwünscht. Indigene Völker und ihre besondere Rolle für einen nachhaltigen Umgang mit der Natur wurden aus dem ursprünglichen Textentwurf des Abkommens wieder gestrichen. Als wäre die Biodiversität nicht überall dort besonders groß und die Wälder noch intakt, wo bis heute indigene Völker die Nutzung von Umwelt und Natur bestimmen.

„Die Verhandlungen sind ein Fehlschlag“, urteilt Jorge Furagaro Kuetgaje, Klimakoordinator der Dachorganisation der Indianer des Amazonasbeckens COICA, „unsere Stimmen wurden nicht gehört.“ Auch Gipfelteilnehmerin und GfbV-Brasilienkoordinatorin Eliane Fernandes Ferreira ist enttäuscht: „Was mich erschreckt ist bei diesem Klimagipfel das Ausmaß an Geschäftmacherei mit dem CO2-Handel: Leider werden der Planet und seine Ressourcen weiterhin als Ware betrachtet und gehandhabt. Anstatt umzudenken, um eine gerechte und umweltfreundliche Entwicklung in Gang zu setzen, scheinen die Menschen die Not der Stunde nicht erkannt zu haben. Wenn wir die Regierenden bei diesen Verhandlungen weiterhin allein entscheiden lassen, werden wir unseren Planeten in den Abgrund stürzen lassen.“

Der Regenwald gilt als die grüne Lunge der Erde, indigene Naturschützer, die ihn bewahren wollen, leben gefährlich. „Wenn wir in der Lage sein sollen, den Regenwald zu bewahren, müssen wir verbindliche Rechte an diesen Wäldern haben“, betont Jorge Furagaro Kuetgaje. „Wir sollten nicht den Preis des Todes zahlen müssen für unsere Rolle in der Vermeidung der Emissionen, die den Klimawandel anheizen.“ Allein in Brasilien wurden 2014 nach Angaben der brasilianischen katholischen Menschenrechtsorganisation CIMI 70 Angehörige indigener Völker ermordet, weil sie sich für Umweltschutz und ihr Land eingesetzt haben. Im Norden Mindanaos auf den Philippinen wurden 23 indigene Umweltaktivisten zwischen Oktober 2014 und Juni 2015 wegen ihres Engagements gegen Bergbauprojekte und für die Erhaltung der Umwelt ermordet. Andere werden kriminalisiert oder ihre Organisationen werden verboten. NGOs, die mit indigenen Völkern zusammenarbeiten und sie unterstützen, gelten oft als unerwünscht und können vielfach nur mit Einschränkungen arbeiten, beispielsweise in Russland, Ecu¬ador oder Brasilien.

Wir dürfen nicht vergessen, dass wir alle nur diese eine Erde haben, wir haben sie von unseren Kindern nur geborgt.

Ihre Yvonne Bangert

GfbV-Referentin für indigene Völker

GfbV-Zeitschrift "pogrom - bedrohte Völker im Online-Shop bestellen: Zum Online-Shop

Lesen Sie weiter