Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,

Diktatoren und Unrechtsregimes, die Kritiker, ethnische Minderheiten und unerwünschte Religionsgemeinschaften systematisch verfolgen und bekämpfen: Darf man sie mit Waffen beliefern? Nein, sagen die „Politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kleinwaffen und sonstigen Rüstungsgütern“. Genehmigungen für Waffenexporte dürften grundsätzlich nicht erteilt“ werden, wenn die Gefahr besteht, dass die Waffen für „interne Repression“ oder sonstige Menschenrechtsverletzungen eingesetzt werden. Nach diesem Grundsatz ist die Menschenrechtslage in den Empfängerländern für die Entscheidung ausschlaggebend, doch er wird in Deutschland regelmäßig ignoriert, wie Rüstungslieferungen nach Saudi-Arabien beweisen.

Der „strategische Partner“ Deutschlands unterdrückt Frauen sowie die schiitische Minderheit im eigenen Land und unterstützt weltweit islamistische Bewegungen. Als auch im Nachbarland Bahrein im Zuge des Arabischen Frühlings Proteste losbrachen, unterdrückte das saudische Militär das Aufbegehren der Bevölkerung. Und doch liefert Deutschland Panzer und Raketen in den Wüstenstaat. Die Abgeordneten des Deutschen Bundestags erfahren erst über die Medien von den Rüstungsexporten nach Saudi-Arabien: Die Genehmigungen für diese todbringenden Geschäfte werden hinter verschlossenen Türen vom Bundessicherheitsrat abgenickt.

Politik und Rüstungswirtschaft sind in Deutschland eng verzahnt: So ist der ehemalige Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Wilhelm Adamowitsch (SPD), nun Geschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV), einer Lobbyorganisation von 80 Rüstungsfirmen. Und Volker Kauder, Fraktionsvorsitzender der CDU/CSU im Bundestag, habe „immer wieder die Hand über uns gehalten“, sagt Andreas Heeschen, Chef des Kleinwaffenproduzenten Heckler & Koch (H&K).

H&K ist vor allem Deutschlands bekanntestem Rüstungsgegner Jürgen Grässlin ein Dorn im Auge: Die von der Firma produzierten G3-Schnellfeuergewehre sind eine der weltweit am meist eingesetzten Kleinwaffen. Sie wurden auch beim Völkermord in Darfur eingesetzt: In den 1970er Jahren verkaufte Deutschland dem Iran die Lizenz für die Produktion des G3-Gewehrs. 1991 lieferte der Iran 50.000 G3-Gewehre an den Sudan, obwohl er sich beim Kauf der Lizenz verpflichtet hatte, die Waffen nicht in andere Länder zu exportieren. Die Endverbleibsklausel ist in vielen Fällen nur Makulatur.

Erst 2013 genehmigte die Bundesregierung den Export von Kleinwaffen im Wert von 135 Millionen Euro, fast doppelt so viel wie 2012. Mit Kleinwaffen werden jährlich weltweit schätzungsweise 500.000 Menschen getötet. Sie sind Massenvernichtungswaffen.

Deutschland ist nach den Vereinigten Staaten und Russland drittgrößter Rüstungsexporteur. Die Deutschen leben seit fast 70 Jahren in Frieden trotz Ost-West Konflikt und jahrzehntelanger deutscher Teilung. Auch nach den Schrecken des Holocaust an Juden, Sinti und Roma, des Bombenkrieges und von Flucht und Vertreibung trägt unser Land mit seinen Waffen zu Massakern, neuen Vertreibungen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit bei. Deutschland sollte Frieden stiften und nicht mit Waffen Konflikte schüren!

Ihr Hanno Schedler

Mitarbeiter im Afrika-/Asienreferat der Gesellschaft für bedrohte Völker


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