Bildnachweis Titel: Foto: © AP Photo/Evgeniy Maloletka
 

Liebe Leserin, lieber Leser,

bis ich vor sechs Jahren bei der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) als Redakteurin dieser Zeitschrift angefangen habe, hatte ich noch nie etwas von den Krimtataren gehört. Ihre Heimat, die Halbinsel Krim, war mir durch die völkerrechtswidrige Annexion durch Russland im Jahr 2014 natürlich schon ein Begriff. Aber von ihren Bewohner*innen – einem der indigenen Völker Europas! – hatte ich keine Vorstellung. Umso schöner und spannender war es, jetzt für diese Ausgabe einige Vertreter*innen der Krimtataren kennenzulernen, mit ihnen in ihre Kultur einzutauchen und mich von ihrem bereits jahrzehntelangen friedlichen Widerstand gegen Unrecht inspirieren zu lassen.

Die GfbV dagegen verbindet schon viele Jahre die gemeinsame Arbeit mit den Krimtataren. GfbV-Gründer Tilman Zülch legte Wert darauf, die Verbrechen der Sowjetunion gegen Minderheiten und indigene Völker ebenso in den Fokus zu nehmen wie etwa die Verbrechen westlicher Kolonialstaaten. Solch eine Haltung war in der Bundesrepublik der 1970er und 1980er Jahre nicht selbstverständlich. Doch sie führte mit dazu, dass die GfbV als eine der ganz wenigen internationalen Menschenrechtsorganisationen auf das Schicksal der Krimtataren aufmerksam machte.

Josef Stalin ordnete 1944 die Deportation der Krimtataren von der Krim nach Sibirien oder Zentralasien an. Jede*r zweite starb. Erst Anfang der 1990er durften die Überlebenden und deren Nachfahren auf die Krim zurückkehren. Dafür hatten sie mit friedlichen Mitteln – Protesten, Briefen, politischen Forderungen – gekämpft. Die GfbV begleitete diesen Widerstand und schließlich auch die Rückkehr. Der langjährige ehrenamtliche GfbV-Koordinator Dr. Mieste Hotopp-Riecke trieb die Arbeit immer wieder voran, vernetzte Akteur*innen miteinander, beriet mit seinem Wissen. Auch für diese Ausgabe stand er an unserer und vor allem der Seite der Krimtataren.

Doch der größte Dank für diese Ausgabe gilt unseren krimtatarischen Partner*innen: Der eine nahm sich im Kriegsalltag und nach einem Bombenalarm in Kyiv Zeit für ein Interview, die nächste übersetzte aus den verschiedensten Sprachen hin und her, ein dritter organisierte Fotos, an die sonst schwerlich heranzukommen gewesen wäre. Viele Beiträge stammen aus krimtatarischer Feder und gewähren so viel tiefere, authentischere Einblicke in die krimtatarische Kultur und Gefühlswelt, als es ansonsten möglich gewesen wäre. Diese Ausgabe ist, vielleicht mehr als andere, ein Gemeinschaftswerk. 

 

Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre!

Herzliche Grüße

Johanna Fischotter
 

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