23.05.2006

Zum Einsatz der Afrikanische Union (AU)

Hintergrund

Vor dem Einsatz von UN-Blauhelmsoldaten hatten der Sudan und viele afrikanische sowie arabische Staaten der AU-Mission den Vorzug gegeben. Insbesondere in der arabischen Welt begrüßten zahlreiche Staaten den AU-Einsatz, die während des Genozides im Südsudan (1956-1972, 1983-2005) den Vernichtungsfeldzug der sudanesischen Armee und verbündeter Milizen mitfinanziert und somit unmittelbar unterstützt hatten.

Auch die Europäische Union (EU) setzte große Hoffnungen in die AU-Beobachter und unterstützte die Mission bis zuletzt finanziell und politisch. Sah man in dem Einsatz doch eine willkommene Gelegenheit, regionale Konfliktlösungsansätze in Afrika zu fördern und afrikanischen Staaten mehr Verantwortung bei der Konfliktbearbeitung auf ihrem Kontinent zuzuweisen. So wünschenswert dies auch grundsätzlich sein mag, so fatal war die Fehleinschätzung der AU-Mission durch die EU. Denn eine realistische Analyse des Verhältnisses zwischen dem Sudan und der AU sowie der nicht eingelösten Versprechungen Khartums im Darfur- und Südsudan-Konflikt hätte auch schon im Frühjahr 2004 deutlich machen müssen, dass die AU-Mission ein untaugliches Mittel war, um die schweren Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Westen des Sudan zu beenden.

Erst zwei Jahre später räumte die internationale Gemeinschaft kleinlaut ein, dass es der AU-Mission nicht gelungen sei, die Zivilbevölkerung zu schützen und die Sicherheitslage im Westen des Sudan zu verbessern. Im Gegenteil, zwei Jahre nach dem Eintreffen der ersten AU-Beobachter ist die Sicherheitslage in Darfur heute schlechter als je zuvor, herrschen Willkür und Rechtlosigkeit und unterstützen sudanesischer Geheimdienst und Armee mehr denn je zuvor Janjaweed-Milizen, die die Zivilbevölkerung terrorisieren. Sie zahlte für die gescheiterten Planspiele der internationalen Gemeinschaft bei der Suche nach einer Friedenslösung in Darfur einen hohen Preis: Bis zu 330.000 Menschen kamen seit Frühjahr 2004 aufgrund der Vertreibungsverbrechen und mangelnder humanitärer Versorgung zu Tode.

Die sudanesischen Behörden behinderten die Arbeit der heute 7.000 AU-Soldaten von Anfang an systematisch: Wochenlang wurde ihren Hubschraubern Flugbenzin verweigert, AU-Beobachter wurden immer wieder am Verlassen ihrer Camps gehindert, Soldaten mussten bis zu acht Wochen auf ihre Visa warten, gepanzerte Transportfahrzeuge durften mehr als ein Jahr lang nicht eingeführt werden. Wie erwartet hatte dieses Katz-und-Maus-Spiel keine negativen Folgen für Khartum und auch die AU-Berichte über Verletzungen des Waffenstillstands hatten keine politischen Konsequenzen. Schon deshalb waren die AU-Beobachter für die Janjaweed-Milizen und die sudanesischen Armee auch kein ernst zu nehmendes Hindernis bei der Fortsetzung des Völkermordes.

Der mangelnde Respekt des offiziellen Sudan gegenüber den AU-Beobachtern konnte nicht überraschen, hatten afrikanische Staaten doch mehr als 30 Jahre lang Genozidverbrechen und schwerste Menschenrechtsverletzungen im Südsudan ignoriert und international nichts unternommen, um die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Noch im April 2004 hatten afrikanische Staaten in der UN-Menschenrechtskommission das Scheitern einer Sudan-kritischen Resolution, in der die Verbrechen in Darfur verurteilt wurden, als Erfolg der gemeinsamen Vertretung afrikanischer Interessen gefeiert. Warum sollten sich nun gerade afrikanische Staaten zum Fürsprecher der aus Darfur vertriebenen Zivilbevölkerung machen und den Genozid wirksam beenden?

Während 38 Jahren Völkermord der sudanesischen Armee im Südsudan hat die Regierung in Khartum immer nur maßgebliche Zugeständnisse gemacht, wenn die internationale Gemeinschaft mit dem Einsatz von UN-Friedenstruppen oder US-Soldaten drohte. So auch im Jahr 1988, als zehntausende Südsudanesen einer Hungerblockade der sudanesischen Armee zum Opfer fielen und schließlich in Europa und den USA der Ruf nach einem Einsatz internationaler Truppen laut wurde. Die Präsenz europäischer oder amerikanischer Soldaten in den sudanesischen Konfliktgebieten hat die Regierung in Khartum immer am meisten befürchtet.