02.07.2005

Wirtschaftsboom in China bringt keinen demokratischen Wandel

Ulrich Delius

Göttingen
Wenn Bundeskanzler Schröder nach China reist, werden Wirtschaftsverträge in Milliardenhöhe unterzeichnet. Die deutsche Exportwirtschaft boomt, der Hamburger Hafen bricht immer neue Rekorde. Doch der Boom weckt nicht nur Begeisterung. Mit der Flut von 5 Euro Hemden nach der Freigabe der Textileinfuhrquoten aus China seit dem 1. Januar droht der europäischen Bekleidungsindustrie der Zusammenbruch. Heute sind es Textilien, morgen Billigautos und Schiffe, mit denen China Europas Märkte überschwemmt. Vor allem die mittelständische Industrie kann sich gegen den Preisdruck aus China nicht behaupten. Markenpiraterie, Bürokratie und Korruption setzen deutschen Unternehmen in China zu.

Auch in China führt der Wirtschaftsboom oft nicht zu Wohlstand. Zwar bildet sich in den Städten ein Mittelstand, doch die Landbevölkerung verarmt. Soziale Spannungen nehmen zu. Wanderarbeiter müssen sich zu unmenschlichen Bedingungen verdingen. Mit einer immer nationalistischeren Politik will die chinesische Führung das Land hinter sich einen. Mit Säbelrasseln gegen Taiwan und staatlich gesteuertem "Volkszorn" gegen Japan will Chinas diktatorische Führung von den eigenen Problemen ablenken.

Doch aus den Drohungen gegen Taiwan kann schon bald blutiger Ernst werden. Mit immer mehr Raketen bedroht China die Insel. Nun will es auch noch in Frankreich hochmoderne Waffensysteme einkaufen, um mit einem Militärschlag Taiwan zu erobern. Nach dem Willen des deutschen Bundeskanzlers und des französischen Präsidenten Jacques Chirac soll das EU-Waffenembargo gegen China schon bald aufgehoben werden. Den Bundeskanzler kümmert es nicht, dass er im Deutschen Bundestag dafür keine Mehrheit bekommt. Nachdem Peking mit dem Anti-Sezessionsgesetzes Taiwan per Gesetz mit Krieg drohte, lehnen die meisten Abgeordneten eine Aufhebung des Embargos ab. Denn ein Wegfall der Sanktionen würde China jetzt nur zu einer Militärintervention gegen Taiwan ermutigen

Die deutsche Bundesregierung bemüht sich um einen Ständigen Sitz im Weltsicherheitsrat, doch die schwierige Sicherheitslage in Ostasien ignoriert Berlin. Mit seinem Eintreten für ein Ende des Waffenembargos schürt der Bundeskanzler die Spannungen in der Taiwan-Strasse. Auch ignoriert Berlin die katastrophale Menschenrechtslage in der Volksrepublik: Kein Land verurteilt mehr Menschen zum Tode, unterhält mehr Arbeitslager, unterdrückt mehr die Glaubensfreiheit und beschränkt den freien Zugang zum Internet. In Tibet und Xinjiang (Ostturkestan) betreiben Chinas Machthaber eine blutige Politik der Unterdrückung.