19.04.2005

Weimarer Menschenrechtspreis 2004 für Leiter des Kosovo-Teams der Gesellschaft für bedrohte Völker

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) freut sich darüber, dass der diesjährige Weimarer Menschenrechtspreis an den Leiter des GfbV-Kosovo-Teams, dem US-amerikanischen Journalisten Paul Polansky, verliehen wird. Gleichzeitig dankt die GfbV dem Literaturnobelpreisträger Günter Grass dafür, dass er Polansky für den Preis vorgeschlagen hat. Grass unterstützt die Menschenrechtsarbeit der GfbV seit dem Völkermord in Biafra im Juni1968.

 

Seit 1999 ist Polansky für die GfbV im Kosovo tätig. Nach dem Einmarsch der Nato und dem massivem Kesseltreiben eines nicht geringen Teils der zurückgekehrten albanischen Vertriebenen gegen die Minderheiten der Roma und Aschkali dokumentierte der heute 62-Jährige mit dem dreiköpfigen GfbV-Roma-Team (neben Polansky die jungen Roma Miradija Gidzic, Dzafer Jacki Buzoli und Hisen Gashjani) für die Menschenrechtsorganisation die totale Zerstörung von 75 Siedlungen und Stadtteilen dieser Minderheiten und von 14.000 ihrer 19.000 Häuser. In Dokumentationen, die von der GfbV International verbreitet werden, hielt Polansky Misshandlungen, Folterungen, Morde, Vergewaltigungen, Entführungen und Verschwindenlassen von Minderheitenangehörigen fest. Er schätzt heute die Zahl der vertriebenen Roma und Aschkali auf 130.000. Zuvor lebten im Kosovo rund 150.000 Angehörige dieser Minderheiten.

 

Die GfbV vertritt seither die Interessen der etwa 38.500 nach Deutschland geflüchteten Roma und Aschkali gegenüber deutschen Behörden und Innenministerien. Unter ihrer Schirmherrschaft entstand das "Forum der Roma und Aschkali" in Deutschland. Zuletzt führte Polansky gemeinsam mit Tilman Zülch im Juni 2004 Gespräche mit acht deutschen Innenministerien, u.a. mit dem Vorsitzenden der Innenministerkonferenz Klaus Buß und dem Vertreter von Bundesinnenminister Otto Schily. Wegen Gefahr für Leib und Leben können die Roma und Aschkali nicht in den Kosovo zurückkehren. Diese Minderheit in Deutschland ist rechtlos. Seit fünf Jahren ohne Rückkehrmöglichkeit müssen sie alle drei bis sechs Monate ihre Duldung verlängern, erhalten fast ausnahmslos keine Arbeitserlaubnis. Ihre Kinder können so keine Berufsausbildung absolvieren.

 

Im Kosovo muss der Leiter des GfbV-Kosovo-Teams fast täglich sein Leben aufs Spiel setzen. Denn er begleitet Roma und Aschkali zur medizinischen Behandlung in Krankenhäuser oder zu Behörden. Roma und Aschkali werden außerhalb ihrer Siedlungen ständig Opfer von rassistischen Angriffen.

 

Polansky verließ seinerzeit die USA aus Protest gegen die amerikanischen Kriegsverbrechen in Vietnam. In Tschechien wurde er in den Medien massiv angefeindet, weil er die Existenz eines von Tschechen betriebenen Konzenrationslagers für böhmische Sinti während des Dritten Reiches aufgedeckt hatte. Polansky hat deutsche Vorfahren, die aus der Bukowina und dem Egerland stammen.

 

Fotos des Roma-Teams übersenden wir Ihnen gern per E-Mail.