22.02.2008

Waorani fürchten weitere Erdölförderung und Holzfäller im Yasuní-Nationalpark

ECUADOR:

Waorani-Mädchen auf dem Rio Shiripuno

Erneutes Massaker

Erneut ist es am 10. Februar 2008 im Yasuní-Nationalpark im ecuadorianischen Amazonasgebiet zu einem Massaker durch Holzfäller gekommen, dem mindestens fünf Angehörige des indigenen Volkes der Waorani zum Opfer gefallen sind. Täglich sind die Waorani mit der Zerstörung des Regenwaldes konfrontiert. Wo immer sie durch ihr angestammtes Regenwaldgebiet im Yasuní Nationalpark und seiner Umgebung streifen, um zu jagen und zu sammeln, zu fischen oder Feldbau zu betreiben, treffen sie heute auf Bohrlöcher, verseuchte Flüsse, auf Straßen und gerodeten Wald. Illegale Holzfäller schlagen die Bäume, transnationale und nationale Ölkonzernen teilen das Gebiet in Förderblöcke auf, die sie dann ausbeuten.

Zum Beispiel die Gemeinde Quiwaro

"Wir haben der Regierung Bescheid gesagt, dass es bei uns illegale Holzfäller gibt und auch, dass Öl aus den Bohrlöchern austritt und unsere Flüsse verseucht. Doch sie hat sich nicht um unsere Probleme gekümmert. Der staatliche Erdölkonzern Petroecuador, der schon lange bei uns Öl fördert, beseitigt das auslaufende Öl nicht. Der Staat schafft es nicht, die Holzmafia zu kontrollieren, obwohl diese sogar für Todesfälle bei den Waorani verantwortlich ist.", so eine Angehörige der Gemeinde Quiwaro in einem Brief an die GfbV.

Schutz im Yasuní-Nationalpark?

Hoffnung für einen neuen Kurs zum Schutz der Rechte indigener Völker im und um den Yasuní-Nationalpark gab es im Mai 2007. Da ging der ungewöhnliche Vorschlag der ecuadorianischen Regierung um die Welt, das Öl im größten bisher unangetasteten Ölfeld Ecuadors im Nationalpark Yasuní (dem Ishpingo-Tambococha-Tiputini (ITT)-Ölfeld / Block 43) im Boden zu belassen. Bedingung sei, dass der Verlust, den der verschuldete ecuadorianische Staatshaushalt dadurch erleidet, von der internationalen Staatengemeinschaft kompensiert würde. Am 24. September 2007 bekräftigte Präsident Correa die Idee erneut vor den Vereinten Nationen.

Doch die Freude der etwa 2000 Waorani, die im Yasuní Nationalpark und seinen benachbarten Gebieten leben, über einen möglichen Kurswechsel in der ecuadorianischen Politik kam zu früh: Am 24.10.2007 vergab Umweltministerin Ana Alban Mora das Zugeständnis zur Erdölförderung im Block 31 an den brasilianischen Ölmulti Petrobrás. Der Block 31 liegt genau neben dem ITT-Feld im Nationalpark Yasuní. 10.600 von insgesamt 201.000 ha des Blockes 31 liegen sogar in der so genannten "Zona Intangible" ("unantastbaren Zone"), zu der das Gebiet am 12. Januar 2007 öffentlich erklärt wurde. Damit wurde es den indigenen Gruppen der Tagaeri und Taromenane, die als letzte indigene Völker noch isoliert und zurückgezogen im ecuadorianischen Amazonastiefland leben, als Schutzgebiet zugesprochen, in dem keine Bodenschätze gefördert und kein Holz geschlagen werden dürfen.

Unfreiwillige Kontakte - freiwillige Isolation

Die geplante Ölförderung würde die Waorani, Tagaeri und Taromenane sowie ihren Wald im und um den Yasuní Nationalpark, der auf Grund seines Artenreichtums 1989 von der UNESCO zum Biosphärenreservat erklärt wurde, unmittelbar beeinträchtigen. Bereits seit Jahrzehnten werden die Waorani, die als nomadisch lebende Fischer, Jäger und Sammlerinnen auf einen intakten und großen Lebensraum angewiesen sind, unfreiwillig mit der "Außenwelt" in Kontakt gebracht: Durch Ölausbeutung, Holzschlag und Siedler haben sie mittlerweile einen Großteil ihres ursprünglichen Lebensraums verloren. Sie leiden unter der Verseuchung ihrer Flüsse, der Zerstörung ihrer Lebensgrundlagen und des Waldes sowie an Krankheiten, die durch die Ölförderung verursacht werden. Zudem führt die Ölausbeutung zu kultureller Abhängigkeit und Diskriminierung.

Bereits in den 1920er Jahren kamen Missionare des "Sommerinstituts für Linguistik" in das Gebiet der Waorani - und mit ihnen Unterdrückung und Krankheiten. Die Tagaeri, Taromenane und möglicherweise weitere bis heute unbekannte indigene Völker entschieden, sich von der Außenwelt abzuschotten und in freiwilliger Isolation zu leben. Sie zogen sich immer weiter in den Regenwald zurück, um ihre Kultur und ihr Leben zu bewahren. Doch auch die letzten Rückzuggebiete der Indigenen sind heute nicht mehr sicher – wiederholt kam es im Zusammenhang mit illegalem Holzeinschlag zu Massakern an den Tagaeri und Taromenane. Auch Petrobrás ist darauf eingestellt, beim Ausbau seiner Ölaktivitäten auf die isoliert lebenden Gruppen zu treffen.

Pläne des Ölmultis

Petrobrás plant in der Anfangsphase täglich bis zu 30.000 Barrel Erdöl zu fördern. Danach soll die Förderung signifikant gesteigert werden. Die Pläne für die Förderung wurden ausgearbeitet, ohne den Dialog mit den Waorani zu suchen oder sie auch nur zu informieren. Die politische Organisation der Waorani ONWAE (früher ONHAE) und die Waorani-Frauenorganisation AMWAE kritisieren, dass sie vom Petrobrás-Förderkonzept noch nicht einmal in Kenntnis gesetzt wurden. Petrobrás hingegen versichert paternalistisch, dass das Erdölprojekt den Indigenen Nutzen bringen würde: So sollen "lokale" Arbeiter bevorzugt und 1500 Arbeitsplätze geschaffen werden. Zudem sieht das Konzept des Ölmultis vor, Sozialunterstützungsprojekte in den Bereichen Bildung, Gemeindeinfrastruktur, Produktion und Gesundheit kontinuierlich fortzuführen.

Doch was der Konzern als Hilfe bezeichnet, würde für die Waorani einem fatalen Abhängigkeitsverhältnis gleichkommen. Sie wären gezwungen, in Ermangelung von Alternativen ihre eigenen Lebensgrundlagen zu vernichten und würden ihre kulturelle, wirtschaftliche und spirituelle Grundlage, ihren Wald und ihre Würde verlieren.

Werden Sie aktiv!

Bitte unterstützen Sie mit uns die Waorani und schreiben Sie an die ecuadorianische Umweltministerin Anita Albán Mora und den ecuadorianischen Präsidenten!

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