11.04.2016

Volksabstimmung über die Zukunft Darfurs (11.-13.4.)

Referendum ist eine Farce und schürt Krieg im Sudan (Pressemitteilung)

„Wenn rund die Hälfte der rund sechs Millionen Darfuris auf der Flucht ist und sich ein Großteil von ihnen nicht an dem Votum beteiligen kann, dann ist es ein Hohn, von einer „Volksabstimmung“ zu sprechen." [Symbolbild] © UN Photo/Albert Gonzalez Farran via Flickr

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat das heute beginnende dreitägige Referendum über die Zukunft Darfurs  scharf kritisiert und als „Farce“ bezeichnet. „Wenn rund die Hälfte der rund sechs Millionen Darfuris auf der Flucht ist und sich ein Großteil von ihnen nicht an dem Votum beteiligen kann, dann ist es ein Hohn, von einer „Volksabstimmung“ zu sprechen. Statt mit dem Referendum fälschlich den Eindruck von Frieden und Sicherheit zu erwecken, muss der sudanesische Staat zunächst einmal dafür sorgen, dass die Darfuris nicht mehr um ihr Leben fürchten müssen und Rechtsstaatlichkeit gewährleistet ist“, erklärte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Montag in Göttingen. „In Darfur herrscht ein Klima der Rechtlosigkeit und der Gewalt. Fast täglich gibt es Vergewaltigungen, Helfer werden entführt, Hilfstransporte ausgeraubt. Willkürlich werden von Milizen Straßenzölle erhoben. Staatliche Stellen nutzen den Terror der von ihnen aufgebauten Milizen, um Angst und Schrecken unter der Zivilbevölkerung zu verbreiten.“

In dem Referendum soll sich die Bevölkerung entscheiden, ob Darfur zukünftig wieder eine einheitliche Region bilden soll oder ob es in fünf unterschiedliche Provinzen aufgespalten bleiben soll. Die Zersplitterung in fünf Provinzen war auf der Grundlage des umstrittenen Friedensabkommens von Doha im Juli 2011 verfügt worden, das aber bis heute von den bedeutendsten Bewegungen in Darfur nicht unterzeichnet wurde. Im Januar 2012 wurden die neuen Regionen  Ost-, Zentral-, Süd-, West- und Nord-Darfur geschaffen.

Viele Flüchtlinge und Darfur-Organisationen haben zum Boykott des Referendums aufgerufen, weil es in ihren Augen ohne Sicherheit keine Legitimation für eine Abstimmung gibt. Auch ist für sie die neue Verwaltungsstruktur nicht vorrangig. Für sehr viel wichtiger und dringender ist es für sie, die schlechte humanitäre Versorgung der Flüchtlinge zu verbessern, ihnen eine sichere Rückkehr in ihre Heimatdörfer zu ermöglichen sowie die eskalierenden Konflikte um die Kontrolle von Rohstoffen, Weideland und Wasserstellen zu befrieden. Gegen die Aufspaltung Darfurs gibt es großen Widerspruch, da viele Darfuris dadurch noch mehr ethnische Konflikte in der Vielvölker-Region im Westen des Sudan befürchten. Nutznießer dieser Konflikte könnte nur die Zentralgewalt in Khartum sein, die schon seit Beginn der Auseinandersetzungen in Darfur im Jahr 2003 nichts unversucht ließ, um dort Hass und Zwietracht zwischen den ethnischen Gruppen zu säen.

Auch die US-Regierung kritisierte die Organisation des Referendums, da es die Bemühungen um einen dauerhaften Frieden gefährde. Tatsächlich hat die Ankündigung der Volksabstimmung die Kämpfe im Bergmassiv Jebel Marra eskalieren lassen. Mehr als 140.000 Darfuris flohen seit Mitte Januar 2016 vor diesen bewaffneten Auseinandersetzungen.  „Sudans Präsident Omar Hassan al Bashir beherrscht meisterhaft die Kunst der Eskalation sowie des Teilens und Herrschens, um seine Macht zu sichern“, kritisierte Delius.


Header Foto: UN Photo/Albert Gonzalez Farran via Flickr