12.12.2008

Victor-Gollancz-Preisträgerin 2008

Dr. Halima Bashir aus Darfur

Halima Bashir

Dr. Halima Bashir wurde 1979 in der Region Darfur im westlichen Sudan geboren. Sie gehört dem halbnomadisch lebenden Volk der Zaghawa an. Nach unbeschwerter Jugend studierte sie als erste Vertreterin ihrer Ethnie an der arabischen Universität von El Obeid Medizin. Nach Abschluss ihres Studiums und zu Beginn ihrer Tätigkeit als Ärztin griffen die im Sudan schwelenden Konflikte 2003 auf Darfur über. Unterstützt von der sudanesischen Armee haben arabische Janjaweed-Reitermilizen inzwischen Hunderttausende getötet. Millionen wurden entwurzelt und leben nun in Flüchtlingslagern.

Dr. Bashir kümmerte sich im Kriegsgebiet um Kranke und Verletzte. Als 2004 eine ganze Schulklasse sieben- bis 13-jähriger Mädchen gefangen genommen und von Janjaweed-Milizen missbraucht wurde, behandelte Dr. Bashir die traumatisierten Kinder und schlug bei UN und Medien Alarm. Sie wurde daraufhin von der sudanesischen Geheimpolizei festgenommen. Tagelange Verhöre, Folter und Vergewaltigungen von unvorstellbarer Brutalität sollten sie zum Schweigen bringen. Außerdem wurde ihr Dorf dem Erdboden gleichgemacht, ihr Vater ermordet. Sie schaffte die Flucht nach London, nachdem sie aus der Ferne einen dort lebenden Cousin geheiratet hatte. Mit ihrem Buch "Mein Weg aus der Hölle von Darfur" brach Dr. Bashir zum zweiten Mal ihr Schweigen, um die Welt aufzurütteln.

"Ich lasse mir kein Schweigen auferlegen. Dieses Buch wurde geschrieben, um der Welt meine Geschichte zu erzählen. Aber die Gefahr besteht fort – sowohl für mich als auch für meine Verwandten, sofern sie noch leben…."

Nachdem die britischen Behörden ihre Asylanträge zuerst ablehnten und ihr die Abschiebung in den Sudan androhten, erlangte Dr. Bashir schließlich als politisch verfolgter Flüchtling Asyl in England. Dort lebt sie heute mit ihrem Mann und zwei Söhnen.

Entgegen der Tradition der Zaghawa schwieg Dr. Bashir nicht über die erlittene "Schande". Trotz der Angst um die Sicherheit ihrer Familie und des Horrors der Verfolgung hat sie sich nicht den Mund verbieten lassen. Sie hat das ihr zugefügte Leid – und damit exemplarisch das tausender Frauen aus Darfur – in Worte gefasst und veröffentlicht. Auf der ganzen Welt ist sie dadurch zu einem symbolischen Gesicht für Frauen aus Darfur geworden. Für ihren Kampf gegen den Völkermord in ihrem Heimatland und die Bekanntmachung des furchtbaren Schicksals so vieler Frauen aus Darfur verleiht die Gesellschaft für bedrohte Völker Dr. Halima Bashir den Victor-Gollancz-Preis 2008.