07.04.2010

Verschlechterung der Menschenrechtssituation in Myanmar 2009

WRITTEN STATEMENT Myanmar

2009 hat sich die Menschenrechtssituation in Myanmar weiter verschlechtert.

264 Personen wurden aus politischen Gründen festgenommen, 129 Aktivisten verurteilt und 266 Inhaftierte freigelassen. Die Junta verwehrte Bürgern weiterhin systematisch grundlegende Menschenrechte, darunter Pressefreiheit, Versammlungsfreiheit, Freizügigkeit, Redefreiheit und Vereinigungsfreiheit. Dutzende prominente politische Aktivisten, Journalisten, Künstler, buddhistische Mönche und Gewerkschaftsaktivisten wurden inhaftiert und nach ungerechten Verhandlungen zu drakonischen Haftzeiten verurteilt. Geschätzte 2.177 politische Gefangene sind nach wie vor für ihre friedlichen Tätigkeiten inhaftiert - mehr als doppelt so viele wie Anfang 2007. Berichten zufolge leiden etwa 129 dieser politischen Häftlinge aufgrund der kläglichen Haftbedingungen unter Krankheiten. Folter, häufige Wechsel zwischen den Gefängnissen und die Verweigerung von medizinischer Versorgung sowie Familienbesuchen führten zu einer physischen und psychologischen Notlage sowohl bei den Inhaftierten als auch ihren Familien. Mindestens 251 buddhistische Mönche, die an den Protesten von 2007 beteiligt waren, werden nach wie vor in Haftanstalten festgehalten. Es gibt 43 Gefängnisse in Myanmar, in denen Dissidenten festgehalten werden, und mehr als 50 Arbeitslager, in denen Häftlinge zu harter Arbeit gezwungen werden. Ethnische Minderheitengruppen litten unter Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die vom Militär begangen wurden.

Im Januar 2010 wurde ein Ermittlungsverfahren gegen acht Aktivisten für ihre Rolle in dem Aufstand von September 2007 eingeleitet, mehr als zwei Jahre nachdem die Polizei in Myanmar in einer brutalen Razzia gegen friedliche Proteste vorgegangen war. Alle acht Personen wurden der Vergehen gegen das Gesetz der unrechtmäßigen Versammlung und das Einwanderungsgesetz, die zusammen eine Gefängnisstrafe von höchstens sieben Jahren erlauben, beschuldigt. Im Februar 2010 wurden drei Mönche und zwei Zivilisten für ihre Beteiligung an dem Aufstand von 2007 zu fünf bis neun Jahren Gefängnis verurteilt. Im August 2009 startete Myanmars Regierung eine Razzia gegen Personen, die unter dem Verdacht standen, den Aufstand von 2007 geschürt zu haben. Während dieser Revolte waren tausende Zivilisten, angeführt von Mönchen, auf die Straße der größeren Städte gegangen, um gegen die gestiegenen Kraftstoffpreise zu protestieren.

Seit Ende 2008 haben geheime Gerichte und Gerichte innerhalb von Gefängnissen mehr als 300 Aktivisten - darunter Menschenrechtsverteidiger, Künstler, Internetblogger, Gewerkschaftsaktivisten, Politiker, Mönche und Nonnen - zu Haftstrafen von bis zu 104 Jahren verurteilt. Zaw Naing Htwes Verbrechen bestand in dem Erhalt eines Briefes, der von seinem inhaftierten Bruder Kyaw Kyaw, einem führenden demokratischen Aktivisten, aus der Haft geschmuggelt worden war. Für das Öffnen des Briefes muss er neun Jahre Haft verbüßen. Im November 2008 wurde die 35jährige Ma Thin Thin Aye für ihre führende Rolle in dem Aufstand von 2007 zu 65 Jahren Gefängnis verurteilt. Die lange Haftstrafe stellt keine Ausnahme dar. Einige Mitglieder der Studentenbewegung von 1988 wurden zu 65 Jahren Haft verurteilt. Am 30. Dezember 2009 wurde gegen 15 Aktivisten des Gebiets Mandalay Gefängnistrafen von zwei bis 71 Jahren erlassen. Unter ihnen war Myo Han von Myingyan, der in zehn Fällen für schuldig befunden und zu 51 Jahren Gefängnis verurteilt wurde. Der Menschenrechtsverteidiger U Nandawuntha wird 71 Jahre lang in Haft bleiben müssen.

Mindestens elf Anwälte wurden dafür, dass sie demokratische Aktivisten vor Gericht vertreten haben, zu Gefängnisstrafen verurteilt. Einige Juristen mussten nach Thailand fliehen, um der Inhaftierung zu entgehen. Im Januar 2009 wurden Haftbefehle für sechs Anwälte ausgestellt. Im März 2009 wurde der Jurist Pho Phyu, der Demokratie- und Gewerkschaftsaktivisten verteidigt, zu vier Jahren Haft verurteilt, nachdem er der Beziehungen zu "illegalen Organisationen" beschuldigt worden war. Etwa 207 burmesische Anwälte, die politische Aktivisten vertraten, sahen sich mit der zeitweiligen oder dauerhaften Suspendierung von ihrem Beruf und Warnungen oder dem Entzug ihrer Lizenz ohne einen ordnungsgemäßen Anhörungsprozess konfrontiert. Der Jurist Khin Maung Shein, der politische Dissidenten wie Aung San Suu Kyi vertrat, wurde mit einem Berufsverbot versehen und zu vier Monaten Haft verurteilt. Er beschwerte sich bei der burmesischen Anwaltskammer über die Annullierung seiner Lizenz, da er vier Monate Haft ableisten musste für was die Behörden als Infragestellung des Gerichts interpretierten. Die meisten Anwälte, die politische Aktivisten repräsentieren, wurden unter der Anschuldigung, das Gericht missachtet zu haben, vor Gericht zur Verantwortung gezogen. Die Anwälte Nyi Nyi Htway und Saw Kyaw Kyaw Min wurden beide zu sechs Monaten Haft verurteilt.

Manchmal sind sogar Familien von Sanktionen betroffen. Am 9. Juni 2009 wurde Khin Khin Aye, eine Leiterin der Zentralen Genossenschaft im Genossenschaftsministerium, ohne Vorwarnung ihres Amtes enthoben, weil ihr Ehemann, Jurist Hla Myo Myint, Aung San Suu Kyi vertrat.

Im Februar 2009, einen Tag nachdem der Myanmar-Sonderberichterstatter des UN-Menschenrechtsrates seinen Besuch in Myanmar begonnen hatte, entließen Myanmars militärische Machthaber 6.313 Gefangene aus der Haft. Nur 31 davon waren politische Häftlinge, darunter einige Mönche und Mitglieder der Oppositionspartei, der Nationalen Liga für Demokratie (NLD). Die meisten Inhaftierten wurden freigelassen, weil die Gefängnisse überfüllt waren. Beobachter sehen die Begnadigung als Farce sowie als Teil einer diplomatischen Offensive der Militärregierung, um internationale Kritik an der katastrophalen Menschenrechtslage zu besänftigen, besonders vor der ASEAN-Konferenz 2009, die die Notlage von Rohingya-Flüchtlingen von Myanmar diskutierte. Eine weitere Begnadigung wurde im September 2009 angekündigt. Etwa 7.114 Gefangene wurden im Herbst freigelassen, aber nur 130 Inhaftierte waren aus politischen Gründen verurteilt worden. Aung San Suu Kyis Prozess 2009 dauerte drei Monate. Das Gerichtsverfahren hielt internationale Standards fairer Verfahren nicht ein und war von häufigen Verzögerungen geprägt. Das Erscheinen des US-Bürgers John Yettaw auf ihrem Grundstück wurde von der Junta genutzt, um die Oppositionsführerin zu beschuldigen, die Bedingungen ihres Hausarrests überschritten und angeblich das Gesetz zum Staatsschutz von 1975 verletzt zu haben. Offensichtlich war es das Ziel des Prozesses, sicherzustellen, dass Aung San Suu Kyi während des Wahlkampfes 2010 unter Hausarrest bleiben wird.

Ende Dezember 2009 wurden mindestens 41 Journalisten und Blogger inhaftiert. Myanmars neue Verfassung von 2008 bietet eine konstitutionelle Garantie für die Straffreiheit der Militärjunta. Paragraph 445 des Kapitels "Übergangsbestimmungen der Verfassung" lautet: "Gegen die besagten Räte (Staatsrat für die Wiederherstellung von Recht und Ordnung und Staatsrat für Frieden und Entwicklung) oder jedes Mitglied davon oder jedes Mitglied der Regierung sollen keine Verfahren hinsichtlich jeglichen Aktes, den sie bei der Ausführung ihrer jeweiligen Pflichten begangen haben, eingeleitet werden."

Zurzeit halten sich geschätzte zwei Millionen Menschen burmesischer Herkunft außerhalb Burmas auf, nachdem sie politische Unterdrückung, Gewalt und Vertreibung durch die Junta erlitten haben. Mehr als 140.000 Karen, Shan und Angehörige anderer ethnischer Minderheiten leben in neun provisorischen Flüchtlingslagern entlang der thailändischen Grenze. Obwohl 50.000 Flüchtlinge in Drittländer umgesiedelt wurden, kommen immer mehr Flüchtlinge. Von diesen leben einige hunderttausend nach wie vor in Flüchtlingslagern und im Dschungel oder sie warten darauf, Asyl in Thailand, Malaysia, Indien und Bangladesch zu erhalten. Derzeit leben etwa 451.000 Binnenflüchtlinge in der Nähe von Burmas Grenzen. Die meisten von ihnen sind Angehörige der ethnischen Minderheiten Karen, Shan, Kachin, Mon, Rohingya und Chin.

Zwischen Juli 2008 und Dezember 2009 haben Einsätze der burmesischen Armee mindestens 118.800 Menschen nach Ost-Myanmar (43.800 Flüchtlinge und 75.000 Binnenflüchtlinge) vertrieben. Im gleichen Zeitraum wurden etwa 120 Dörfer zerstört oder gewaltsam umgesiedelt. Viele der Vertreibungen geschahen infolge des Junta-Programms, um militärische und politische Kontrolle über ethnische Regionen, die vor den geplanten nationalen Wahlen 2010 standen, zu sichern

Zwischen Juni und August 2009 sind geschätzte 6.800 Karen infolge einer Militäroffensive nach Thailand geflohen. Im August 2009 vertrieben Angriffe der burmesischen Armee auf ethnische Shan-Zivilisten im nordöstlichen Myanmar mehr als 37.000 Menschen. Zwischen dem 27. Juli und dem 1. August griffen burmesische Truppen 39 Dörfer an und zerstörten mehr als 500 Häuser. Mehr als 5.000 Binnenflüchtlinge lebten im August 2009 auf der Flucht in den Dschungeln der Staaten Arakan und Süd-Chin. Nach Angriffen der burmesischen Armee, während denen Häuser verbrannt und Reisfelder zerstört wurden, tauchten 1.500 Karen Dorfbewohner in dem Bezirk Nyaunglebin (Karen-Staat) unter. Zwischen dem 17. und dem 23. Januar 2010 flüchteten etwa 2.000 Karen-Dorfbewohner in die Dschungel des Bezirks Pegu (Karen-Staat), nachdem zwei Karen-Zivilisten von Soldaten erschossen und dreizehn Häuser niedergebrannt worden waren.

Zusätzliche Vertreibung wird durch Infrastrukturprojekte verursacht, besonders durch den Bau von Mega-Dämmen und Pipelines. Sechs Dammprojekte wurden kürzlich fertig gestellt, etwa 22 Projekte sind aktuell im Bauprozess und weitere 15 Dammprojekte werden in von Minoritäten bewohnten Gebieten Myanmars geplant.

Im westlichen Myanmar belegt eine massive Auswanderungswelle aus dem Staat Arakhan die anhaltende Verfolgung muslimischer Rohingya-Volksgruppe. Obwohl die burmesische Armee an der Grenze zu Bangladesch einen Zaun errichtet hat, entscheiden sich jährlich tausende Rohingya, ihre Häuser zu verlassen und Schutz im benachbarten Bangladesch zu suchen. Andere suchten Schutz in Malaysia, Indonesien und Australien, wobei sie das Risiko auf sich nahmen, in kleinen Booten nach Thailand und Indonesien zu fliehen. Die Rohingya sind die am stärksten verfolgte Volksgruppe in Myanmar. Sie haben nicht einmal Rechtsanspruch auf Landbesitz und es ist ihnen verboten, ohne Erlaubnis zu heiraten oder zu reisen. Sie werden von der Militärjunta nicht als Bürger Myanmars anerkannt.

Die Militärjunta benutzte und benutzt vertriebene und umgesiedelte Menschen für Zwangsarbeit für ihre "staatliche finanzierten" Infrastruktur- und Bauprojekte. Die Junta wurde von der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) mehrmals für diese Praktiken verurteilt. In jedem Monat des vergangenen Jahrs haben Minderheitenangehörige über neue Fälle von Zwangsarbeit berichtet. Dorfbewohner wurden von Soldaten zum Wiederaufbau von Militärbaracken und Trägerdiensten oder zum Bau von Straßen und Zäunen gezwungen. Zwischen Mai und November 2009 wurden Mitarbeitern der ILO von Dorfbewohnern etwa 71 Fälle von Zwangsarbeit präsentiert, trotz massiver Drohungen durch Soldaten und die Behörden.

Die burmesische Armee und neun andere bewaffnete Gruppen missbrauchen derzeit etwa 70.000 Kinder unter 18 Jahren als Soldaten (manche gerade einmal elf Jahre). Viele von ihnen werden zwangsrekrutiert. Burma ist das Land mit der weltweit höchsten Rate an Kindersoldaten. Die UN riefen Myanmars Regierung dringend zur Kooperation auf, um diesen Missbrauch zu beenden und richtete am 5. Januar 2005 ein "Komitee zum Schutz vor der Rekrutierung von Kindersoldaten" ein. Unglücklicherweise waren die Initiativen dieses Komitees recht ineffektiv und die verbreitete Rekrutierung von Kindersoldaten dauert unvermindert an.

Im August 2009 zwang ein Heerführer in Toungoo-Bezirk (Karen-Staat) eine einheimische Lehrerin dazu, sich auszuziehen und er vergewaltigte sie. Später missbrauchte er eine weitere Frau, nachdem er sie zum Trinken gezwungen hatte. Im Juni 2009 wurden zwei Karen-Frauen im Teenageralter, die eine im achten Monat schwanger und die andere eine junge Mutter, nahe des Binnenflüchtlingslagers Ler Per Her (Karen-Staat) vergewaltigt und getötet. Am 14. Mai 2009 wurde ein 15jähriges Mädchen von mehreren Soldaten im Shan-Staat missbraucht. Am 27. Dezember 2008 entführte und vergewaltigte ein Soldat ein siebenjähriges Mädchen im Nyaunglebin-Bezirk (Karen-Staat). Nachdem die Eltern des jungen Mädchens an die Armee appelliert hatten, den Vergewaltiger zur Rechenschaft zu ziehen, zwang der Kommandant der Armee des Vergewaltigers zehn ansässige Geschäftsmänner dazu, Geld zur Verfügung zu stellen, um die Familie zu bestechen.

Die Assistance Association of Parents of Political Prisoners of Burma hat 127 bekannte Mordfälle politischer Häftlinge seit 1988 dokumentiert. Die Anwendung von Folter in Vernehmungszentren und Gefängnissen in Myanmar ist umfangreich belegt und beinhaltet Prügel, "motorcycling" (bei dem Gefangene dazu gezwungen werden, stundenlang unnatürliche Haltungen einzunehmen, als würden sie Motorrad fahren), erzwungenes Knien auf Glasscherben und an den Armen oder Füßen Aufhängen.

Die Gesellschaft für bedrohte Völker appelliert an den UN-Menschenrechtsrat, Myanmars Regierung dazu aufzufordern:

  • militärische Verfolgung, erzwungene Umsiedlungen, Vergewaltigungen und außergerichtliche Hinrichtungen in von Minderheiten bewohnten Gebieten sofort zu beenden.

  • Menschenrechtsverletzungen gegenüber der Rohingya-Minderheit zu stoppen.

  • Pressefreiheit, Versammlungsfreiheit und Redefreiheit sicherzustellen.

  • alle politischen Gefangenen freizulassen.

  • Zwangsarbeit, Folter und Straffreiheit zu beenden.