23.04.2005

Vergangenheitsbewältigung in Indonesien

24 Jahre Völkermord und kein bisschen weise

Die Demokratisierung der indonesischen Gesellschaft und der Sturz Diktator Suhartos waren wichtige Faktoren in Osttimors Ringen um ein Ende der völkerrechtswidrigen indonesischen Besetzung. Vor allem Indonesiens demokratische Nichtregierungsorganisationen haben einen entscheidenden Beitrag dazu geleistet, dass Osttimor schließlich ein unabhängiger Staat wurde.

Doch führende indonesische Politiker tun sich schwer, öffentlich über die Gräuel der indonesischen Armee und die verfehlte Besatzungspolitik zu sprechen. Monatelang war Staatspräsidentin Megawati Sukarnoputri nicht bereit, eine Unabhängigkeit Osttimors zu akzeptieren. Entschiedener Widerstand regte sich auch in ihrer Partei, in der sich der pro-indonesische Milizen-Führer Eurioco Guterres engagiert, dem von Menschenrechtlern Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Osttimor vorgeworfen werden Der Streit um die Teilnahme Megawatis an den Unabhängigkeitsfeiern am 20. Mai 2002 in Osttimor machte deutlich, wie tief die Wunden in der indonesischen Gesellschaft sind und wie einflussreich die Armee ist. Noch ist Indonesien weit von einer Vergangenheitsbewältigung entfernt. So musste schon befremden, als Präsidentin Megawati am 6. Juni 2002 ein Denkmal für die in Osttimor gefallenen indonesischen Soldaten einweihte. Das Seroja Denkmal auf dem Armeestützpunkt Cilangkap in Ost-Djakarta soll der in Osttimor getöteten indonesischen Soldaten gedenken und ihr Andenken ehren. Rund 10.000 indonesische Soldaten sollen während der 24 Jahre dauernden Besetzung zu Tode gekommen sein.

Mit keinem Wort wird jedoch der mehr als 200.000 osttimoresischen Opfer des Völkermordes gedacht. Es waren überwiegend Zivilisten, die Hungerblockaden und Massakern zum Opfer fielen. Statt der unschuldigen Opfer zu gedenken, waschen sich indonesische Verantwortliche des Völkermordes von jeder Schuld frei. Der ehemalige Verteidigungsminister Wiranto, der die Vertreibung von 600.000 Menschen im Sommer 1999 und die Politik der verbrannten Erde der indonesischen Armee und verbündeter Milizen zu verantworten hat, sieht sich als unschuldiges Opfer einer Verleumdungskampagne. Erst kürzlich erklärte Wiranto in einem Interview, er kenne keine von Indonesien unterstützten Milizen. Im übrigen sei er stolz auf seine Soldaten und Beamten, da sie in Osttimor Schlimmeres verhindert hätten. Strafrechtlich hat Wiranto in Indonesien ungeachtet seiner zwielichtigen Rolle im Osttimor-Konflikt nichts zu befürchten. Inzwischen empfiehlt er sich öffentlich als Präsidentschaftskandidat.