23.12.2010

Verfolgte Albinos in Afrika

Verhängnisvolle Hautfarbe

Albinos in Burundi - hunted for body parts (Photo: Flickr/Alex Wynter - IFRC - International Federation of Red Cross and Red Crescent Societies)

Aus bedrohte völker_pogrom 262-263, 5-6/2010

Menschen mit Albinismus fallen in Europa seltener auf – in Afrika ziehen sie die Blicke auf sich. Viele von ihnen erblinden, rund ein Sechstel erkrankt an Hautkrebs. Die meisten sterben, bevor sie 30 Jahre alt werden. Doch sie leiden hier nicht nur unter der gefährlichen UV-Strahlung der Sonne, sondern insbesondere unter sozialer Diskriminierung.

In Afrika mangelt es den sogenannten Albinos an elementaren Schutzmitteln wie Sonnencremes und -brillen. Lebensrettende Krebsbehandlungen kann sich kaum jemand leisten. Die Gesundheitsversorgung ist meist unzureichend, es gibt kaum Aufklärung über gesundheitliche Risiken.

Doch insbesondere die gesellschaftliche Stigmatisierung macht ihnen das Leben schwer: Seit 2007 hat sich eine gefährliche Welle der Gewalt gegen Menschen mit Albinismus entwickelt. In einigen Ländern Afrikas existiert der Aberglaube, "Albinos" hätten übernatürliche Kräfte. Mit ihren Leichenteilen wird reger Handel betrieben. Traditionelle Heiler verwenden diese, um "Zaubertränke" herzustellen. Allein in Tansania, das als das Land mit den meisten "Albinos" weltweit gilt, hat der grausame Aberglaube seit 2008 mindestens 57 Menschenleben gekostet. Hierbei handelt es sich allerdings nur um die dokumentierten Fälle.

Die tansanische Regierung reagierte auf diese grausame Entwicklung: Im Januar 2009 wurde vorübergehend allen "Heilern" ein Berufsverbot erteilt. Im September 2010 wurde dies für traditionelle Heiler zwar wieder aufgehoben. Dafür wurden aber Kontrollmechanismen für ihre Aktivitäten eingeführt. Im Frühjahr 2009 berief Präsident Kikwete persönlich eine Abgeordnete mit Albinismus ins Parlament, die die Belange ihrer Leidensgenossen vertreten sollte. Er forderte die Bevölkerung auf, mutmaßliche "Albino"-Mörder zu melden.

Premierminister Mizengo Pinda adoptierte ein Waisenkind mit Albinismus und startete gemeinsam mit Kikwete eine Kampagne gegen den barbarischen Aberglauben und die Morde an Menschen mit Albinismus. Die Regierung entwickelte außerdem Strategien, um die Krebszahlen einzudämmen: Drei neue Behandlungszentren für Krebspatienten werden eingerichtet, Menschen mit Hautstörungen sollen zukünftig mit entsprechenden Medikamenten versorgt werden.

Neben der Regierung beteiligten sich religiöse Organisationen, Medien und andere Interessengruppen an Kampagnen für die Aufklärung der Bevölkerung hinsichtlich der "Albinos". Menschen mit Albinismus organisierten sich in Selbsthilfegruppen und zivilgesellschaftlichen Organisationen, um für eine Sensibilisierung der tansanischen Öffentlichkeit und mehr Schutz von Seiten der Regierung zu kämpfen.

Ende Oktober 2010 wurde im tansanischen Wahlkreis Lindi-Stadt erstmals ein Kandidat mit Albinismus, Salum Khalfani Bar’wani, ins nationale Parlament gewählt. Der 51-Jährige versprach, sich besonders für "Albinos" einzusetzen.

Der gefährliche Aberglaube und die skrupellose Verfolgung von "Albinos" ist auch in anderen afrikanischen Ländern wie Kenia, Burundi, die Demokratische Republik Kongo und Uganda verbreitet. Das Wissen um die genetischen Ursachen ihres Aussehens ist in diesen Ländern sehr gering. In den meisten afrikanischen Gesellschaften sind Menschen mit Albinismus Außenseiter. In manchen Landstrichen hält man sie für unsterbliche Geister.

In Burundi wurden seit 2008 mindestens 15 Menschen mit Albinismus getötet. Die "Albino"-Gemeinschaft in Burundi fordert von der Regierung, Menschen mit Albinismus mehr Schutz zu gewähren, ihnen spezielle Hautärzte zur Verfügung zu stellen und im Parlament repräsentiert zu werden. Sie fordern ein Gesetz, das Eltern von Kindern mit Albinismus dazu zwingt, diese zur Schule zu schicken und eine Erhebung, die die genaue Zahl der in Burundi lebenden "Albinos" ermitteln soll.

In Uganda hat eine spezielle Interessengruppe eine Petition für einen Sitz für einen "Albino"-Vertreter im Parlament eingereicht, um diese stärker in politische Entscheidungsprozesse einzubinden.

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