06.01.2010

Unser Land ist Vertreibungsopfern verpflichtet - auch in der Türkei, Herr Westerwelle!

Türkei: Offener Brief an Westerwelle


Sehr geehrter Herr Minister,

 

begleitet von zahlreichen Managern, sind Sie heute in der Türkei und besuchen dann die Golfstaaten.

Auch bei Ihren Besuchen in Istanbul und Ankara werden Sie mit Vertreibung und Vertreibungsverbrechen konfrontiert werden. Diese Opfer, bis zu drei Millionen türkische Staatsbürger kurdischer Volkszugehörigkeit, sollten Sie über die Wirtschaftsinteressen hinaus, nicht vergessen.

 

Während des unglücklichen türkisch-kurdischen Krieges 1984-1999 zerstörten die türkische Armee und befreundete Milizen 3.876 Dörfer und Weiler im türkischen Kurdistan/Ostanatolien. Etwa drei Mio. Menschen wurden von dort vertrieben. Es handelt sich um kurdische Kinder, Frauen und Männer sunnitischen, yezidischen und alevitischen Glaubens. Unter den Vertriebenen waren aber auch christliche Assyro-Aramäer aus dem Tur Abdin. Wie leidvoll Vertreibung und Vertreibungsverbrechen sich auswirken, sollten gerade wir in Deutschland nachvollziehen können. Das ist nicht allen gegeben. Aber in unserem Land erwarten Millionen Menschen, dass auch der neue Außenminister nicht nur ökonomische und strategische Prioritäten setzt.

 

So bitten wir Sie, deutlich für ein Wiederaufbauprogramm in Ostanatolien zu plädieren, dafür deutsche Hilfe zuzusagen und sich für EU-Mittel einzusetzen.

 

In diesem Sinne bitten wir Sie auch um ein deutliches Wort gegenüber den türkischen Medien und an die Adresse jener, die die außerordentlich

erfreuliche und friedensorientierte neue Kurdenpolitik der Regierung Erdogan zu durchkreuzen suchen. Bitte setzen Sie sich dafür ein, dass alles unternommen wird, um das Verbot der prokurdischen Partei DTP aufzuheben. Deren Abgeordneten hatten wesentliche Anstrengungen unternommen, um ein friedliches und gleichberechtigtes türkisch-kurdisches Zusammenleben möglich zu machen.

 

Mit freundlichem Gruß

Tilman Zülch, Bundesvorsitzender