23.04.2005

Unabhängigkeitsfeier in Osttimor

Grußwort der Gesellschaft für bedrohte Völker

Im Namen der 10.000 Mitglieder unserer Menschenrechtsorganisation in Deutschland, der Schweiz, österreich, Italien, Frankreich und Bosnien appellieren wir an die Timoresen, die dunkelsten Stunden ihrer Nation, als indonesische Soldaten unter den Augen der internationalen Gemeinschaft Völkermord an ihnen begingen, nicht zu vergessen. Aus wirtschaftlichen, politischen, strategischen und militärischen Gründen ignorierten die meisten Staaten des Westens 20 Jahre lang diesen Völkermord, ja sie unterstützten sogar die Armee Indonesiens mit massiven Waffenlieferungen. über viele Jahre hinweg frustrierten sie NGOs wie die GfbV, die sich um Demokratie, Menschenrechte und Selbstbestimmung für Osttimor bemühten, indem sie darauf hinwiesen, wie effektiv Indonesien Osttimor kontrollierte. An irgendeinem 7. Dezember in den 1980er Jahren gedachten wir mit nichtmals einem Dutzend Menschen der Invasion Indonesiens auf Osttimor.

Wir sind dankbar dafür, dass sich dies geändert hat und dass Timor Lorosa'e heute ein neues Mitglied der Internationalen Gemeinschaft geworden ist. Und wir danken den Demokraten Indonesiens, die Osttimor ziehen ließen. Wir hoffen, dass die Demokratisierung in Indonesien dazu beitragen wird, auch die noch andauernden Konflikte auf Aceh, Papua und den Molukken mit friedlichen Mitteln und im Dialog zu überwinden.

Wir danken auch Portugal und den Vereinten Nationen, die sich während Jahrzehnten dem Recht Osttimors auf Selbstbestimmung verschrieben hatten. Gerade der ehemaligen Kolonialmacht hat ihr Einsatz für Demokratie und Menschenrechte in Osttimor bei ihren europäischen Partnern auch harsche Kritik eingetragen.

Die Unabhängigkeit von Timor Lorosa'e ist schließlich auch ein Triumph der Menschenrechte und des internationalen Rechts für etliche NGOs, die Osttimor in seinen schwärzesten Stunden beigestanden haben. Sie belegt, dass Völkermord von der Internationalen Gemeinschaft nicht hingenommen werden kann. Wiederaufbau und Versöhnung sind wichtig, doch sie sollten die schmerzvolle Lehre nicht verdecken, die aus der jüngsten Geschichte Osttimors zu ziehen ist: Die massiven Menschenrechtsverletzungen zu ignorieren würde bedeuten, die Versöhnung zu gefährden. Wir werden auch in Zukunft timoresische NGOs darin unterstützen, alle, die in Osttimor schwere Menschenrechtsverletzungen begangen haben der Gerechtigkeit zuzuführen. Und wir werden auch weiterhin Timor Lorosa'e in seinen Bemühungen um Versöhnung und Wiederaufbau unterstützen.