09.07.2015

Empörung über russisches Veto gegen UN-Resolution zu Srebrenica

Gesellschaft für bedrohte Völker erinnert an Genozid-Verbrechen in ganz Bosnien-Herzegowina (Pressemitteilung)

© GfbV/Sean Connell

Empört über das Veto Russlands gegen die Resolution des UN-Sicherheitsrates zum Massenmord 8.372 Einwohner der Stadt Srebrenica, am 11. Juli 1995 erinnert die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) mahnend daran, dass serbische Truppen 1992 bis 1995 in ganz Bosnien-Herzegowina Genozidverbrechen begangen haben. Opfer waren die bosnischen Muslime und mit ihnen lebende Angehörige anderer Gemeinschaften wie Kroaten und Roma. Unter den Verteidigern eingekesselter Städte waren zehntausende serbische Bosnier, die mit dem Ziel der serbischen Führung nicht einverstanden waren, ein „ethnisch reines Großserbien“ zu errichten.

„Die in Artikel II der UN-Konvention zur Verhütung und Bestrafung von Völkermord festgeschriebene Definition von Völkermord trifft auf die Verbrechen der serbischen Truppen zu“, sagte der Präsident der GfbV-International Tilman Zülch am Donnerstag in Göttingen. Dort heißt es, dass Völkermord unter einer der folgenden Handlungen zu verstehen ist, „die in der Absicht begangen wird, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören: Tötung von Mitgliedern der Gruppe; Verursachung von schwerem körperlichem oder seelischem Schaden an Mitgliedern der Gruppe sowie die vorsätzliche Auferlegung von Lebensbedingungen für die Gruppe, die geeignet sind, ihre körperliche Zerstörung ganz oder teilweise herbeizuführen.“

Die GfbV wies zudem darauf hin, dass während des Bosnienkrieges zahlreiche jüdische Persönlichkeiten, unter ihnen Elie Wiesel, Henry Siegman, Susan Sonntag, Bernard-Henri Lévy, Roy Gutman und Alain Finkielkraut die internationale Gemeinschaft zum Handeln gegen die Genozidverbrechen aufriefen. Simon Wiesenthal forderte bereits während des Genozids, dass die verantwortlichen serbischen Politiker „ebenso zur Verantwortung gezogen werden müssten wie die Nazi-Verbrecher nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges.“ Marek Edelman, der letzte damals noch lebende Kommandeur der Widerstandskämpfer des Warschauer Ghettos, hatte erklärt: „Europa hat nichts aus dem Holocaust gelernt. Nichts ist unternommen wor¬den, um dieses Morden zu beenden. Was sich in Bosnien und Herzegowina ereignet, ist ein posthumer Sieg für Hitler.“

Genozid serbischer Truppen in Bosnien Herzegowina 1992-1995

  1. Errichtung von über 100 Konzentrations-, Internierungs- und Vergewaltigungslagern mit über 200.000 zivilen Häftlingen
  2. Ermordung von vielen Tausend Häftlingen in Konzentrationslagern wie Omarska, Manjaca, Keraterm, Trnopolje, Luka Brcko, Sušica und Foca
  3. Systematische Verhaftung und Ermordung von Angehörigen der akademischen und politischen Eliten.
  4. Flucht und Vertreibung von etwa 2,2 Millionen Bosniern und ihre Zerstreuung über vier Erdteile
  5. Viele Tausend, von keiner Institution gezählte und nicht in die Statistiken eingegangene Todesopfer unter Kindern, Alten, Kranken und Verwundeten während und durch Flucht und Vertreibung
  6. Einkesselung, Aushungern und Beschießung von 500.000 Bosniern in so genannten UN-Schutzzonen bis zu vier Jahre lang (Tuzla, Goražde, Srebrenica, Žepa und Bihac) sowie Liquidierung eines Teils der Eingeschlossenen
  7. Fast vierjähriges Bombardement der sechsten so genannten UN-Schutzzone Sarajevo, dadurch etwa 11.000 Tote, darunter 1.500 Kinder.
  8. Massaker und Massenerschießungen in zahlreichen Gemeinden und Städten Nord-, West- und Ostbosniens (Posavina, Raum Prijedor und Podrinje).
  9. Planmäßige Zerstörung hunderter Dörfer und Stadtteile.
  10. Vollständige Zerstörung der materiellen islamischen und weitgehend auch der katholischen Kultur, darunter 1.189 Moscheen und Medresen und bis zu 500 katholische Kirchen und Gemeindehäuser sowie 38 orthodoxe Kirchen.
  11. Suche nach immer noch fast 8.000 Vermissten, deren Leichen weder gefunden noch exhumiert und identifiziert wurden
  12. Geiselnahme und Missbrauch von 284 UN-Soldaten als menschliche Schutzschilde
  13. Vergewaltigung von mehr als 20.000 bis 50.000 bosnisch-muslimischen Frauen in- und außerhalb der Vergewaltigungslager
  14. Ermordung von mindestens 8.372 Bosniaken in der Stadt Srebrenica -- Männer und Jungen, unter ihnen auch 560 Frauen - und deren Verscharren in Massengräbern
  15. Vernichtung von bis zu 150.000 Menschen durch "ethnische Säuberungen" oder deren Folgen