07.12.2010

UN-Flüchtlingslager auf verseuchtem Boden: Katastrophale gesundheitliche Folgen für Roma-Flüchtlinge im Kosovo ignoriert

Einladung zur Informations- und Diskussionsveranstaltung

Brüssel/Göttingen
Die katastrophale Lage der Roma-Flüchtlinge unter der Obhut der Vereinten Nationen (UN) im Kosovo ist am kommenden Mittwoch (12.11.) Thema einer Fragestunde im Europaparlament in Brüssel. Auf Einladung der Europaparlamentarierin Baronesse Emma Nicholson berichtet der Leiter des Kosovo-Teams der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) in Serbien und dem Kosovo, Paul Polansky, über die Situation in zwei bleiverseuchten Flüchtlingslagern im Norden des Landes. Dort sind nach wie vor 638 Menschen untergebracht, darunter 324 Kinder. 217 von ihnen sind jünger als zehn Jahre.

Über Ihr Interesse an der Veranstaltung würden wir uns sehr freuen:

Mittwoch (12.11.) um 9.30 Uhr im European Parliament ASP 10 G 209

Rue Wiertz, B-1047 Brussels

Anmeldungen bitte senden an: emma.nicholson@europarl.europa.eu

Zum Hintergrund:

Auf dem stark mit giftigen Schwermetallen belasteten Gebiet einer Bleischmelzanlage der "Trepca Mine Company" hatten die UN für Roma, Aschkali und "Kosovo-Ägypter" 1999 in der Region Nord-Mitrovica die Lager Cesminluke/Cesmin lug, Zhitkoc/Zitkovac und Kablare errichtet. Als provisorische Lösung gedacht, blieben die Flüchtlingslager über Jahre bestehen - trotz zahlreicher Warnungen vor der hohen Gesundheitsgefährdung. Die Bewohner, vor allem Kinder, litten zunehmend unter Symptomen schwerer Bleivergiftung. Hinzu kamen verheerende hygienische Zustände und eine schlechte bis fehlende humanitäre und medizinische Versorgung.

Medizinischen Untersuchungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der GfbV zufolge wurden 2005 im Blut und in den Haaren von Flüchtlingen so hohe Bleiwerte nachgewiesen, dass eine sofortige Behandlung der Betroffenen nötig gewesen wäre. Doch selbst etwa 77 Todesfälle, die mit großer Wahrscheinlichkeit auf Bleivergiftung zurückführen sind, sowie dringende Appelle der GfbV und anderer Menschenrechtsorganisationen für eine Evakuierung der Lager konnten die UN nicht dazu bewegen, die Flüchtlinge aus ihrer dramatischen Lage zu befreien.

Erst nach zunehmendem öffentlichem Druck wurden 2006 die Insassen der beiden Lager Zhitkoc/Zitkovac und Kablare in eine benachbarte ehemalige französische Kaserne (Camp "Osterode) verlegt. Doch dort ist die Bleibelastung nur unwesentlich geringer. Deshalb brachte die versprochene Entgiftung der Opfer keinen Erfolg. Das dritte Lager besteht weiterhin unverändert.

Die UN und die internationale Gemeinschaft nehmen diese menschliche

Tragödie seit neun Jahren wissentlich in Kauf. Dutzende Mütter brachten tote oder behinderte Kinder zur Welt. Alle Lagerbewohner werden irreversible gesundheitliche Schäden davontragen. Entschädigungszahlungen für die Opfer wurden abgelehnt, die Verantwortlichen nicht zur Rechenschaft gezogen.

Am 17. November 2008 berichtet Paul Polansky im House of Commons in London (Boothroyd Room, Portcullis House ) auf Einladung von Sandra Gidley, Mitglied des Parlaments für Romsey in Hampshire (UK). Eingeladen wurden 645 Mitglieder des britischen Parlaments. Das Treffen beginnt um 17.00 Uhr. Erwartet werden Vertreter vieler Nichtregierungsorganisationen, Repräsentanten verschiedener Religionsgemeinschaften, Vertreter der Botschaften und Medien in Großbritannien.

Anmeldungen an: Gidleys@parliament.uk

Tel: ++44 020 7219 5986; Fax: 020 7219 2324

Am 18. November 2008 spricht Paul Polansky vor dem Irish Joint Foreign Affairs Committee in Dublin (Irland)

Die Gesellschaft für bedrohte Völker ist eine internationale Menschenrechtsorganisation mit beratendem Status beim Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen und mitwirkendem Status beim Europarat. Die GfbV setzt sich für die Rechte von ethnisch und religiös verfolgten Minderheiten, Nationalitäten und Ureinwohnergemeinschaften ein und ist seit 1999 im Kosovo vertreten. Den katastrophalen gesundheitlichen Zustand der Lagerbewohner hatte die GfbV im Oktober/November 2005 detailliert auch mit Hilfe des europaweit ausgezeichneten Spezialisten für Schwermetallvergiftung, des Umweltmediziners Klaus-Dietrich Runow, dokumentiert und Politiker, verschiedene Institutionen und Verantwortliche im Kosovo informiert. Der Literaturnobelpreisträger Günter Grass unterstützt die Menschenrechtsarbeit der GfbV für Roma und Aschkali im Kosovo.

Mehr zum Thema:

Memorandum of the Society for threatened peoples

The "Osterode" refugee camp in Kosovo

Roma and Ashkali in Kosovo : Persecuted, driven out, poisened

Unhealthy surroundings for the Roma refugees, who have been contaminated by lead

Lead poisoning of Roma in IDP Camps in Kosovo

Kosovo : "Highest ever concentration of lead registered in human hair samples”

Für weitere Informationen ist Jasna Causevic, GfbV-Südosteuropa-Referentin erreichbar unter Tel. ++49 551 499 0616