18.04.2005

Türkei: Fünf Argumente gegen den EU-Beitritt

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) appelliert an die Regierungen der EU-Länder, der Türkei nur dann Weg für Beitrittsverhandlungen zu öffnen, wenn sie die Rückkehr von 2,4 Millionen kurdischen Vertriebenen in die Wege leitet, ein Wiederaufbauprogramm für die 3400 zerstörten kurdischen Dörfer beginnt und eine Amnestie für die 3.500 kurdischen politischen Gefangenen erlässt. Außerdem müssen die christlichen Minderheiten des Landes offiziell als gleichberechtigte religiöse Körperschaften anerkannt, die aus Nordzypern vertriebenen 180.000 Zyprioten zurückkehren dürfen, fordert die Menschenrechtsorganisation. Zudem darf die Türkei die benachbarte kurdische Region des Iraks nicht länger militärisch bedrohen.

 

1. 2,4 Millionen kurdische Vertriebene, 3.400 zerstörte Dörfer

2, 4 Millionen Kurden wurden zwischen 1980 und 1999 von der türkischen Armee aus ihren mehr als 3.400 zerstörten Dörfern vertrieben. Bis heute werden sie in ihrer großen Mehrheit an der Rückkehr gehindert. Laut UN-Angaben ist das die höchste Zahl von Binnenvertriebenen auf dem Boden der Mitgliedsstaaten des Europarates. 80% der Vertriebenen sind arbeitslos, 50% leben bis heute in Notunterkünften, 82 % haben Gesundheitsschäden, 78% sind unzureichend ernährt und nur 5% sind krankenversichert. 40% haben keinen Zugang zu reinem Trinkwasser. 42% der Vertriebenen sind Analphabeten, ein Viertel der Kinder geht nicht in die Schule.

 

2. 3.500 politische Gefangene

Nach wie vor sitzen 3.500 kurdische politische Gefangene aus der Zeit des türkisch-kurdischen Bürgerkriegs in Haftanstalten. Während die für schwere Menschenrechtsverletzungen verantwortlichen türkischen Generäle straffrei ausgingen, wurden Kurden zu Hunderten von Staatssicherheitsgerichten wegen "Separatismus" und/oder angeblichem Terrorismus verurteilt. Die 15 Millionen kurdischen Bürger der Türkei warten bisher vergeblich auf eine Amnestie für diese politischen Gefangenen.

 

3. Besetzung Zyperns

Bis heute verweigert die Türkei 180.000 griechisch-orthodoxen, aber auch maronitischen und armenischen Zyprioten die Rückkehr in das von 30.000 türkischen Soldaten und 300 türkischen Panzern besetzte Nordzypern. 1974 hatte die türkische Armee 36% des Inselterritoriums besetzt und 80% der dort ansässigen Bevölkerung vertrieben. Auch die Hälfte der türkisch-zypriotischen Bevölkerung hat Nordzypern inzwischen verlassen. Sie wurden durch etwa 100.000 türkische Anatolier ersetzt. Forderung nach der Rückkehr der Vertriebenen, der Rückgabe des Eigentums und dem Abzug der türkischen Truppen wurden bisher nicht erfüllt.

 

4. Diskriminierung der christlichen Minderheit

Bis heute sind christliche und andere religiöse Gemeinschaften in der Türkei nicht gleichberechtigt. Christlichen Kirchen wird weiter der öffentlich-rechtliche Status vorenthalten. Kirchliches konfisziertes Eigentum wurde nur in Ausnahmefällen zurückgegeben.

 

5. Permanente Bedrohung des autonomen irakischen Kurdistans

Kontinuierlich bedrohen Regierung, Opposition und Armee den benachbarten irakischen Bundesstaat Kurdistan mit dem Einmarsch türkischer Truppen. Die Türkei trägt so ständig zur Destabilisierung des Nachbarlandes und damit der ganzen nahöstlichen Region bei.