01.02.2017

Türkei: Besuch von Merkel

Bundeskanzlerin soll Demokratie den Rücken stärken (Pressemitteilung)

Der Besuch von Merkel wird von vielen Kurden, Aleviten, Christen, Yeziden sowie von türkischen Demokraten als unmittelbare Unterstützung für die menschenverachtende Politik des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan betrachtet, Foto: OCHA/Salih Zeki Fazlioglu via Flickr

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat Bundeskanzlerin Angela Merkel dazu aufgefordert, während ihres Türkei-Besuchs am kommenden Donnerstag mit Vertretern der Kurden und der demokratischen Opposition zu sprechen. „Dieser Besuch von Frau Merkel wird von vielen Kurden, Aleviten, Christen, Yeziden sowie von türkischen Demokraten als unmittelbare Unterstützung für die menschenverachtende Politik des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan betrachtet“, erklärt der GfbV-Nahostreferent Kamal Sido am Mittwoch in Göttingen.

„Das Land steht vor einem wichtigen Referendum, das die autoritäre Macht von Erdogan zementieren soll“, sagt Sido. „Angehörige der Minderheiten sowie türkische Demokraten hätten mehr Verständnis für Merkels Türkei-Politik, wenn sie bei ihrem bevorstehenden Besuch ein Zeichen setzen würde, indem sie den inhaftierten Chef der prokurdischen Oppositionspartei HDP, Selahattin Demirtas, im Gefängnis besuche.“

Die Menschenrechtsorganisation warnte immer wieder eindringlich davor, dass sich Erdogans hartes Vorgehen gegen die Demokratiebewegung und der Krieg gegen die kurdische Bevölkerung im Südosten des Landes erneut zu einem Flächenbrand mit Tausenden von Opfern entwickeln könne, wenn nicht sofort gegengesteuert werde. Die kurdennahe HDP tritt nach wie vor für eine friedliche Lösung der Kurdenfrage ein. Sie fordert sowohl von der PKK als auch von der türkischen Regierung, die Gewalt zu beenden und sofort einen politischen Dialog zu beginnen. Demirtas plädierte immer wieder für eine Beendigung des bewaffneten Konflikts. Seit Wiederaufflammen der Kämpfe 2015 wurden bereits mehr als 500.000 Menschen Opfer von Zwangsumsiedlungen und mehr als 7.000 Mitglieder, leitende Angestellte und gewählte Vertreter der pro-kurdischen Partei HDP inhaftiert.

Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan ist seit nunmehr 14 Jahren an der Macht und regiert sein Land zunehmend mit harter Hand. Insbesondere seit dem Putschversuch im Juli 2016 wird seine Politik repressiver und autoritärer. Seitdem wurden fast 120.000 Beamte, Staatsanwälte und Richter entlassen, über 2.000 Bildungseinrichtungen geschlossen und mehr als 100.000 Personen verhaftet. Es kam zu Schließung von fast 200 Medien, darunter auch 15 kurdische Medien, und 146 Journalisten sind weiterhin in Haft. Auch werden religiöse und ethnische Minderheiten wie die Aleviten, Yeziden, Christen, Armenier, Assyrer/Aramäer und Griechen weiterhin unterdrückt.

Header Foto: OCHA/Salih Zeki Fazlioglu via Flickr