19.10.2010

Tuareg – die vergessenen Atomtestopfer

Algerien:

Die Tuareg in Algerien - Die vergessenen Opfer der französischen Atomtests zwischen 1960 und 1966 (Foto: flickr_Aysha Bibiana Balboa)

Zwischen 1960 und 1966 führte Frankreich in den Wüstengebieten im Süden Algeriens – dem traditionellen Lebensraum der Tuareg - Atomwaffentests durch. Lange waren die Tests und ihre Folgen für die Umwelt und die Menschen, französische Soldaten, die sich nach den Tests in dem kontaminierten Gebiet aufhielten, aber auch die für Bewohner der Region, die Tuareg, in der öffentlichen Diskussion sowohl in Algerien als auch in Frankreich tabu. Doch seit in Frankreich immer mehr Opfer der Atomversuche eine Aufklärung der Folgen der freigesetzten radioaktiven Strahlung und eine angemessene Entschädigung der Betroffenen verlangen, wird auch in Algerien mehr über die skandalösem Umstände der Nukleartests bekannt.

Tuareg berichten über eine Vielzahl von missgebildeten Kindern, die nach den Atomtests geboren wurden. Auch nahm die Zahl der Krebserkrankungen unter den Halbnomaden, die in der Nähe der Test-Zentren Reggane und In Ekker lebten, überproportional zu. Im nahegelegenen Adrar-Gebirge wurden sieben Mal mehr Krebsfälle registriert, als im Landesdurchschnitt Algeriens. Bei der Durchführung der 13 Atomtests, die zum Teil auch oberirdisch gezündet wurden, kam es zu mehreren Unfällen, bei denen Radioaktivität freigesetzt wurde. Französische Soldaten berichteten, dass bei einem Versuch am 1. Mai 1962 die Sprengkraft der Atomwaffen falsch berechnet wurde und der Berg, in dem der Sprengsatz gezündet wurde, barst. Radioaktiven Partikel verteilten sich als Wolke in der Gegend.

Die Rückstände der Atomversuche – radioaktiv verseuchte Abfälle und Gestein– wurden nicht beseitigt, sondern in der Wüste ungesichert zurückgelassen. Die radioaktiven Partikel wurden vom Wind kilometerweit in alle Himmelsrichtungen verteilt und kontaminierten die Region. Die damaligen französischen Verantwortlichen sahen keinen Grund zum Handeln, da die Wüste ihrer Meinung nach unbewohnt war. Dabei ist der Regierung in Paris bekannt, dass schon lange vor Ankunft der Araber im 7. Jahrhundert und der französischen Kolonialherren im 19. Jahrhundert zehntausende Tuareg in dem Gebiet lebten. Zum Zeitpunkt der Atomversuche befanden sich rund 40.000 Tuareg in der weiteren Umgebung des Testzentrums. Bis heute betont das französische Verteidigungsministerium, dass von den Atomtests keine besondere Gefahr ausging.

Nachdem französische Veteranen-Verbände immer nachdrücklicher auf die katastrophalen gesundheitlichen Folgen der Tests hingewiesen hatten, beschloss die französische Regierung am 5. Januar 2010 ein Gesetz zur Entschädigung der Opfer französischer Atomtests. Da die französische Regierung in ihren offiziellen Berichten weiterhin davon ausgeht, dass die Wüste menschenleer war, wird es für Tuareg-Opfer der Atomversuche jedoch sehr schwer werden, Schadensersatz und eine angemessene medizinische Betreuung zu erhalten.

Bitte fordern Sie daher den französischen Verteidigungsminister Hervé Morin auf, sicherzustellen, dass auch Tuareg-Opfer der Atomversuche zu entschädigen.

Da die Halbnomaden anders als französische Veteranen nur selten Kontakt zu Rechtsanwälten haben, die sich um die Beantragung von Entschädigungen kümmern, sollten die französischen Behörden gezielt Hilfestellung bei einer Beantragung von Entschädigung anbieten und sich zudem um eine bessere medizinische Versorgung der Tuareg im Süden Algeriens bemühen.

 

 

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