24.10.2006

Tschetschenien-Tagebuch Oktober 2006

In diesem Tagebuch dokumentiert die GfbV die Lage in Tschetschenien jenseits der großen Schlagzeilen. Es soll dazu beitragen, die Blockade gerade von Nachrichten über die anhaltenden Menschenrechtsverletzungen in der Republik aufzuweichen.

Eintragung vom 1.10. - 27.10.2006

30.10.2006

Russland Waffeneporteur Nummer eins

2005 hat Russland erstmals seit dem Zerfall der Sowjetunion im weltweiten Geschäft mit Waffen und Munition wieder den ersten Platz belegt. Russland lieferte Rüstungsgüter im Wert von 7,1 Milliarden Dollar ins Ausland. Vorallem durch Rüstungsgeschäfte mit dem Iran und China hat sich Russland an die Spitze der Exporteure gesetzt. (Russland Aktuell)

29.10.2006

Tschetschenische Flüchtlinge im Bezirk Astrachan bekommen Todesdrohungen

Tschetschenische Flüchtlinge, die im Dorf Yandyki (Bezirk Astrachan) leben, wo es vor über einem Jahr schon zu Ausschreitungen gegen sie gekommen ist, werden weiterhin schikaniert. Täglich fliegen Steine oder Flaschen, sie erhalten Todesdrohungen. Zugenommen haben die pogromartigen Übergriffe nach den Vorfällen im karelischen Kondopoga, wo nach gewaltsamen Auseinandersetzung zur Vertreibung tschetschenischer Flüchtlinge kam. Die Betroffenen in Yandyki klagen besonders darüber, dass die Polizei nicht eingreift und sie keinen Schutz erfahren. (Prague Watchdog)

28.10.2006

Russland reagiert verärgert über britische Kritik an Menschenrechtslage

Als "Doppelstandard" und "Politisierung der Menschenrechtsfrage" bezeichnete ein Sprecher des russischen Außenministeriums die Kritik an der russischen Menschenrechtslage durch das britische Außenministerium. "Nationalismus, das Misstrauen in die Justiz, staatliche Einflussnahme und Kontrolle der Medien sind zunehmend beunruhigende Momente in Russland", teilte das englische Außenministerium mit, das auch die Menschenrechtslage in Tschetschenien und angrenzenden Gebieten kritisierte.

(Mosnews)

27.10.2006

Meiste Klagen beim Europäischen Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg aus Russland

Lucius Wildhaber der Präsident des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs in Straßburg sagte während einer Konferenz am 26.10., dass der Gerichtshof 10% mehr Personal einstelle müsse, zum Teil, wegen der Flut an Klagen aus Russland. Jedes Jahr würden rund 4.000 Klagen aus Russland kommen, teilte er mit. Die Gesamtzahl der Klagen sei im letzten Jahr um 14% gestiegen. (Kommersant)

27.10.2006

Europaparlament kritisiert Russland

Am 25.10.2006 hat das Europaparlament in Straßburg die Mitgliedsstaaten der EU aufgefordert, sich über ihre Beziehungen zu Russland Gedanken zu machen. Die Beziehungen dürften nicht alleine auf Wirtschaft reduziert sein. Die scharf formulierte Resolution forderte die Einhaltung von Demokratie, Menschenrechten und Meinungsfreiheit. Die Parlamentarier drückten ihre Sorge vor der zunehmenden Verfolgung von Journalisten aus und fordert EU und Europarat auf, die Aufklärung des Mordes an Anna Politkowskaja genau zu beobachten.

25.10.2006

Politkowskaja Mord: heiße Spur gefunden?

Die russische Staatsanwaltschaft meldete Erfolge bei den Ermittlungen gegen die Mörder von Anna Politkowskaja. Die Fahnder bringen eine Gruppe ehemaliger Milizionäre aus der sibirischen Stadt Nischewartowsk mit der Tat in Verbindung. Politkowskaja hatte ihnen den Mord an einem tschetschenischen Zivilisten nachweisen können. Das hatte zu einer Verurteilung geführt. Andere ehemalige Milizionäre stehen auf den Fahndungslisten. Diskutiert wird auch weiterhin die Möglichkeit, dass der pro-russische tschetschenische Premier Ramzan Kadyrow Drahtzieher des Mordes sein könnte. Politkowskaja hatte Material gesammelt, was zu einer Strafverfolgung ausreichen könnte. Insgesamt 33 Strafverfahren seien in den vergangenen Jahren auf Grundlage von Politkowskajas Artikeln eingeleitet worden, sagte der stellvertretende Chefredakteur von Politkowskajas Zeitung "Nowaja Gazeta, Sergej Sokolow.

 

24.10.2006

Pressefreiheit in Russland

Russland ist auf Rang 147 der diesjährigen Liste zum Stand der Pressefreiheit weltweit, veröffentlicht von der Organisation Reporter ohne Grenzen. Damit liegt Russland hinter dem Sudan und nur wenige Plätze von den Regimes in Weißrussland und Syrien entfernt.

 

23.10.2006

Mord an Anna Politkowskaja [1]

Auf die Frage, wen sie für den Mord an Anna Politkowskaja verantwortlich halten, antworteten 49% der Befragten in einer repräsentativen Umfrage, sie hätten dazu keine Meinung. 19% sagte, es seien Kräfte der Opposition gewesen, die Russland destabilisieren wollten. 12% halten Kräfte in der Nähe des tschetschenischen Premiers Kadyrow für die Schuldigen. (Juri Levada Analytical Center)

 

21.10.2006

Mord an Anna Politkowskaja [1]

US-Außenministerin Condolezza Rice trifft sich mit dem Sohn der ermordeten Journalistin Anna Politkovskaja und mit Mitarbeitern von Politkowskajas Zeitung "Nowaja Gazeta" in Moskau und beklagt die fehlende Pressefreiheit in Russland.

 

18.10.2006

80 Häuser im Dorf Serschen-Jurt durch Artilleriebeschuss zerstört

Während des gesamten Sommers war das Dorf Serschen-Jurt im Bezirk Schali Ziel russischen Artilleriebeschusses. Nach Auskunft des Menschenrechtlers Imran Eschiev hatten die Dorfbewohner mehrmals versucht, mit den russischen Soldaten zu verhandeln, die für den Beschuss verantwortlich waren. Erst Mitte Oktober gelang es, eine Einigung zu erzielen. 80 Häuser wurden ganz oder teilweise zerstört.

www.watchdog.cz

 

FÄLLE VON VERSCHWINDENLASSEN

9.10. 2006

Der 22-jährige Tamerlan Bagaev wird in Atschchoj-Martan von russischen Sicherheitskräften willkürlich festgenommen (Zeitung Cecenskogo obshestvo segodnja, 6/2006, S.6)

7.10.2006

Raissa Bamatgirieva wird in der Kreisstadt Schatoj von russischen Sicherheitskräften festgenommen. Der Grund für die Festnahme und der Aufenthaltsort der Frau sind unbekannt. (Zeitung Cecenskogo obshestvo segodnja, 6/2006, S.6)

6.10.2006

Ismail Nasuchanov wird während einer so genannten Spezialoperation russischer Einheiten im Dorf Naur festgenommen und an einen unbekannten Ort gebracht. (Zeitung Cecenskogo obshestvo segodnja, 6/2006, S.6)

4.10.2006

In Grosny wird der 20-jährige Ibragim Bazarchanov aus unbekanntem Grund von russischen Einheiten festgenommen. Er war aus der inguschetischen Hauptstadt Nasran nach Grosny gefahren, um einen neuen Pass zu beantragen. (Zeitung Cecenskogo obshestvo segodnja, 6/2006, S.6)

 

2.10.2006

Besorgte tschetschenische Mutter wird unter falschem Vorwand in das Büro der Dorfgemeinde gelockt und wurde seither nicht mehr gesehen

Seit dem 2. Oktober 2006 hat es kein Zeichen mehr von Rita Ersenoyeva gegeben. Sie ist die Mutter von Elina Ersenoyeva, die schon am 17. August 2006 verschwunden ist. Es gibt gute Gründe anzunehmen, dass Rita entführt worden ist.

An diesem Tag, dem 2. Oktober 2006, besuchte Rita ihre Mutter, Lipa Barzukaeva, die in der Nähe des tschetschenischen Dorfes Starye Atagi lebt. Dort nahm sie einen Anruf auf ihrem Handy entgegen, und sprach mit einem "Ermittler" über den Fall ihrer Tochter Elina. Er teilte ihr mit, dass sie sofort in das Büro der Dorfgemeinde kommen müsse, um gute Neuigkeiten über ihre Tochter zu erfahren. Ritas Mutter war sehr besorgt und beunruhigt über diesen Anruf. Dennoch wollte Rita diese Möglichkeit nutzen und betonte auch, dass es ungefährlich sei und dass der Ermittler Verwaltungsaufgaben im Büro zu erledigen habe.

Als Ritas Mutter 10 Minuten später versuchte Rita auf ihrem Handy zu erreichen, war dies nicht möglich. Kurz darauf ging sie in Begleitung eines männlichen Verwandten zum Büro der Dorfgemeinde, dort wurde ihr jedoch mitgeteilt, dass Rita dort nicht aufgetaucht sei und auch kein offizieller Ermittler auf sie wartete.

Die Familie hat bisher noch nichts von Rita gehört und hat aus Angst auch nicht die Polizei, oder die Staatsanwaltschaft eingeschaltet.

(IHF, 12.10.2006)

 

28.9.2006

Während einer so genannten Spezialoperation russischer Truppen im Dorf Chatuni in der Region Wedenno wird ein Einwohner des Dorfes Machkety, der 35-jährige Aslambek Kaimov verhaftet. Der Grund für die Verhaftung sowie sein derzeitiger Aufenthaltsort sind unbekannt. (Zeitung Cecenskogo obshestvo segodnja, 6/2006, S.6)

27.9.2006

Am Abend werden Aslan Zucharajev aus dem Ort Serschen-Jurt und Musa Baziev aus Urus-Martan verschleppt. Augenzeugen berichten, dass der "Schiguli", in dem sich die Verschleppten befanden auf der Straße in Richtung Schali an einem russischen Militärposten gestoppt wurde. Nach der Kontrolle fuhren die Unbekannten mit ihren Opfern weiter. Am selben Tag am Morgen war schon der ältere Bruder von Zucharajev, Abdulbek, verschleppt worden. Über das weitere Schicksal der Brüder und Musa Bazievs ist nichts bekannt. (Zeitung Cecenskogo obshestvo segodnja, 6/2006, S.6)

26.9.2006

Aslan Tachaev wird im Bezirk Oktjabrskoe in Grosny von Unbekannten verschleppt. Weder der Grund für die willkürliche Festnahme noch der derzeitige Aufenthaltsort des Mannes sind bekannt. (Zeitung Cecenskogo obshestvo segodnja, 6/2006, S.6)

25.9.2006

Chavasch Mizichadschiev wird von lokalen Milizen im Dorf Raduschnoe, Region Grosny verschleppt. Nach Zeugenaussagen soll er Verbindungen zu den tschetschenischen Kampfeinheiten gehabt haben. (Zeitung Cecenskogo obshestvo segodnja, 6/2006, S.6)

22.9.2006

Iljas Serijew, 20 Jahre alt wird von Unbekannten in Masken im Bezirk Staropromyslowskij in der tschetschenischen Hauptstadt Grosny verschleppt. (Zeitung Cecenskogo obshestvo segodnja, 6/2006, S.6)