10.08.2006

Tschetschenien-Tagebuch August 2006

In diesem Tagebuch dokumentiert die GfbV die Lage in Tschetschenien jenseits der großen Schlagzeilen. Es soll dazu beitragen, die Blockade gerade von Nachrichten über die anhaltenden Menschenrechts-verletzungen in der Republik aufzuweichen.

Eintragung vom 1.8. - 30.8.2006

30.8.2006: Mahnwache von Verwandten Verschwundener in Grosny

Rund 100 Frauen hielten den ganzen Tag im Zentrum der tschetschenischen Hauptstadt Grosny eine Mahnwache. Sie trugen Plakate mit Fotos ihrer verschwundenen Söhne, Männer oder Brüder. Tausende Menschen sind seit Beginn des zweiten Krieges in Tschetschenien 1994 verschleppt worden. Die Familien haben häufig keine Nachricht von ihnen, wissen weder ob sie leben oder tot sind, noch wieso sie überhaupt verschleppt wurden. Die Frauen forderten die Behörden auf, Ermittlungen aufzunehmen und ihnen Nachricht über den Verbleib ihrer Angehörigen zu geben. (www.themoscowtimes.com)

 

29.8.2006: Freilassung eines jungen Mannes

In der Nacht zum 27. August drangen Unbekannte in Masken in das Elternhaus des 1973 geborenen Musa Arzuev in Katar-Jurt ein. Sie verschleppten den jungen Mann. Der Vater, der versuchte, den Wagen, in dem der Sohn sass, zu stoppen, brach sich ein Bein. Die Suche nach dem Verschleppten war erfolgreich. Am 29.8. wurde er auf freien Fuß gesetzt. Eine Intervention durch Svetlana Gannushkina von der Memorial angegliederten Organisation "Bürgerhilfe" führte offenbar dazu, dass sich sogar der tschetschenische Innenminister Ruslan Alchanov um die Freilassung des Unschuldigen bemühte. (www.kavkaz.memo.ru)

 

29.8.2006: Opfer beim Beschuss russischer Stellungen im Süden Tschetscheniens

Wie erst heute bekannt, wurde haben am 27.8. Unbekannte russische Stellungen in der Region Schali im Süden der Republik beschossen. Ein russischer Soldat starb. Ob es weitere Opfer gab, ist nicht bekannt.

 

28.8.2006: Polizist erschießt Teenager

Im Dorf Sary-Su kam es zu einem ungeklärten Zwischenfall. Ein tschetschenischer Polizist schoss einen Schüler an, dies meldete das tschetschenische Innenministerium. Auf dem Weg ins Krankenhaus starb der junge. Die Behörden gehen von einem Fall unsachgemäßer Handhabung von Schusswaffen aus. (AP)

 

28.8.2006: Gewalt im Nordkaukasus

Tschetschenische Kämpfer greifen mehr und mehr in den nordkaukasischen Nachbarrepubliken Tschetscheniens an. Zwischen Januar und Juli diesen Jahres gab es 18 Angriffe in Inguschetien und elf in Nordossetien, sagte der Chef des russischen Geheimdienstes FSB. Im Vorjahr waren es 50% weniger. Auch am Wochenende kam es zu Gewalttaten: Drei Polizisten wurden in Inguschetien ermordet, ein weiterer schwer verletzt. In der Hauptstadt Dagestans, Machatschkala lieferten sich Soldaten und Kämpfer ein Feuergefecht, dabei sollen vier Kämpfer getötet und einer verletzt worden sein. (The Moscow Times, 28.8.2006)

 

25.8.2006: Leichen aus Massengrab identifiziert

Sechs der zehn Leichen, die in einem Massengrab in Kurtschaloj aufgefunden wurden, sind mittlerweile identifiziert. Es handelt sich um drei ehemalige Einwohner des Dorfes Tsotsin-Jurt: Jabrail Usmanov, Visita-Hadschi Dikaev und einen weiteren Mann mit Vornamen Visita. Die drei übrigen kamen aus dem Dorf Betty-Mochk: Im-Ali Islamilov, Im-Ali Sajdullaev und Ibragim Waraew. Die vier weiteren konnten noch nicht identifiziert werden. Bei den Toten soll es sich um Opfer tschetschenischer Kämpfer handelt, die vor ihrem Tod den so genannten Kadyrowtzy angehört hatten. (Russian-Chechen Information Agency)

 

25.8.2006: Nach tschetschenischen Angaben am 22. und 23.8. 15 russische Soldaten getötet und 31 verletzt

Nach tschetschenischen Angaben wurden innerhalb von 48 Stunden 15 russische Soldaten von tschetschenischen Kämpfern getötet. Zu Zusammenstößen sei es in Grosny, in den Bezirken Vedenno, Noschai-Jurt und Kurchaloi gekommen. Auch in der Region Itum-Kale seien durch Minen und Übergriffe zwei russische Soldaten getötet und acht weitere verwundet worden.

 

25.8.2006: Bei einer Explosion in der tschetschenischen Hauptstadt Grosny sind vier Menschen getötet und ein weiterer verletzt worden.

Die Detonation ereignete sich in der Nähe eines Sendeturms des Fernsehens, wie die russische Nachrichtenagentur Interfax am Donnerstag unter Berufung auf Polizeikreise weiter berichtete. Ausgelöst wurde die Explosion möglicherweise von einer Granate.

 

Russische Zeitung Kommersant: Entführte Journalistin war Basajews Frau

Die am 17. Juli in der tschetschenischen Hauptstadt Grosny entführte Journalistin Elina Ersenojewa soll die letzte Frau des kürzlich erschossenen Terroristen Schamil Bassajew gewesen sein. Das berichtet die Zeitung Kommersant in ihrer neuesten Ausgabe.

Die Entführer der 26-jährige Journalistin und Anti-Aids-Aktivistin haben den Behörden mittlerweile ihre Forderungen für die Freilassung mitgeteilt: Neben einem Lösegeld in Höhe von sieben Millionen US-Dollar wollen sie mit der Entführung einen Koffer mit dem persönlichen Archiv des Terroristen Schamil Bassajew erpressen.

Wie Kommersant mitteilt, wusste der russische Geheimdienst bereits, dass es sich bei der Entführten um die letzte Ehefrau des tschetschenischen Terroristen Bassajew handelte. Die Hochzeit sei nach tschetschenischem Brauch zustande gekommen. Die Braut sei vermittelt worden und habe bis zur Eheschließung nicht gewusst, dass es sich beim Bräutigam um Schamil Bassajew handelte.

 

24.8.2006: Massengrab in Tschetschenien gefunden

Schon Mitte August gab es Gerüchte über ein Grab mit mehreren männlichen Leichen im bewaldeten Gebiet in der Nähe des Dorfes Serschen-Jurt im Bezirk Schali. Diese Information wurde nun von unabhängiger Stelle aus bestätigt. Acht männliche Leichen, die alle Spuren eines gewaltsamen Todes aufweisen konnten identifiziert werden. Sie sollen Angehörige der Sicherheitskräfte des pro-russischen tschetschenischen Präsidenten gewesen sein und von tschetschenischen Kämpfern 2004 ermordet worden sein. Unter den Toten sollen jedoch auch Zivilisten sein, die von den Kämpfern bei einem Zusammenstoss 2004 als Geiseln genommen worden waren. (The russian chechen information agency, 23.8.2006)

 

24.8.2006: Praktisch täglich kommt ein russischer Polizist oder Soldat im Kaukasus ums Leben

Neue Zahlen über Verluste der russischen Truppen und der Polizei bzw. der Geheimdienste lassen nach Angaben der Zeitung Nesavisimaja Gazeta den Schluss zu, dass faktisch jeden Tag ein russischer Mitarbeiter dieser Behörden im Kaukasus, insbesondere in Tschetschenien, Inguschetien und Dagestan ermordet wird. Alleine 2006 wurden schon 22 russische Polizisten in Dagestan ermordet, 59 wurden verletzt. (Nesavisimaja Gazeta, 22.8.2006)

 

24.8.2006: Bruder des Tschetschenenführes Umarov hat sich nicht ergeben, sondern war schon vor einem Jahr verschleppt worden

Am 18.8.2006 berichteten russische Medien, Dokka Umarow, der Nachfolger der tschetschenischen Führer Maschadov und Sadullaev habe sich ergeben. Schnell wurde klar, dass es sich nicht um Dokka Umarov handelte, sondern um dessen Bruder Achmad. Menschenrechtsorganisationen gaben eine andere Erklärung für das Auftauchen von Achmad Umarow: Er war vor rund einem Jahr zusammen mit den Eltern Umarovs, seiner Frau, dem sechs Monate altem Sohn und zwei Neffen verschleppt worden. Die Frau und der Sohn wurden in der Zwischenzeit auf freien Fuß gesetzt, der Aufenthaltsort der anderen Familienmitglieder der Umarovs ist jedoch weiter unbekannt. In den letzten Jahren wurden regelmäßig Familienmitglieder von Kämpfern und Kommandeuren der Tschetschenen verschleppt. Das Auftauchen Achmad Umarovs wird von Menschenrechtlern in Tschetschenien als PR-Aktion des Premiers Kadyrow betrachtet. (Prague Watchdog, 23.8.2006)

 

23.8.2006: Interview mit Supjan Baschanov über Folter in Tschetschenien

Experten der Organisation "Komitee gegen Folter" aus der russischen Stadt Nischny Nowgorod bereisten letzte Woche Tschetschenien. Die Internetseite "Prague Watchdog" (www.watchdog.cz) führte mit Supja Baschanov, dem Vorsitzenden der Organisation ein Interview.

Frage: Beschreiben Sie die Haftbedingungen in Tschetschenien.

Baschanov: Wir erhalten viele Informationen über Folter an Gefangenen. Wenn wir diesen Informationen, die meist von Familienangehörigen kommen, nachgehen, stellen sie sich zumeist als wahr heraus. Trotzdem verweigert die Staatsanwaltschaft in Tschetschenien in den meisten Fällen die Strafverfolgung der Täter. Wenn wir Gefangene in Tschetschenien besuchen, sehen wir bei vielen die Spuren der Folter aber es herrscht Straflosigkeit.

Frage: Welche Art von Folter wird in Tschetschenien verübt?

Baschanov: Die Foltermethoden hier in Tschetschenien sind ziemlich ausgefeilt und haben häufig mit Strom oder Elektrizität zu tun. Gerade in der letzten Zeit hatten wird fünf oder sechs solche Fälle. Früher wurden Feldtelefone benutzt, heute werden Stromrichter eingesetzt, bei denen man die Stromstärke steuern kann. Was den Menschen passiert, die in dem Gefängnis in Vladikavkaz festgehalten werden, ist vollkommen unverständlich. Die Ärzte ignorieren Hilferufe der Gefangenen und den Anwälten wird der Zugang zu ihren Mandanten verwehrt. Dann verschwinden mit der Zeit die Folterspuren auf den Körpern und es ist sehr schwierig zu beweisen, was passiert ist. Die Behörden können dann schreiben, dass Klagen nicht berechtigt waren oder nicht belegt werden können. Im Moment scheint ein Herr Gaschiev, der schon länger in Tschetschenien arbeitet und jetzt im Gefängnis in Vladikavkaz zu Verhören eingesetzt wird, sehr aktiv zu sein. Es gab mehrere Beschwerden aber er wurde noch nicht von seinem Posten entfernt.

Frage: Aus welchen Gründen werden Menschen gefoltert. Versucht man dadurch an Informationen zu kommen oder ist Folter willkürlich?

Baschanov: Diejenigen, die foltern, schaden nicht nur uns Tschetschenen, sondern auch dem Staat. Diese Menschen sind häufig psychisch krank. Ein normaler Mensch kann einem anderen nicht solche körperlichen Schmerzen zufügen. Er muss zutiefst unmoralisch sein, bevor er einem anderem die Finger brechen oder ihn so lange Elektroschocks aussetzen kann, bis das Opfer Schaum vor dem Mund hat. Manchmal kommt es uns so vor, als seien die Beamten aufgefordert worden, jede Foltermethode und sei sie noch so schrecklich, anzuwenden.

 

21.8.2006: Junge Journalistin und Menschenrechtlerin in Tschetschenien verschleppt, GfbV appelliert an Staatsanwalt in Tschetschenien, Generalstaatsanwalt Russlands

Am 17.8. wurde die 26-jährige Journalistin und Menschenrechtlerin Elina Ersenojewa in Grosny verschleppt. Sie stieg gegen neun Uhr morgens im Stadtzentrum Grosnys zusammen mit ihrer Tante Rovzan aus einem Taxi. Die beiden Frauen wurden von hinten angegriffen und in zwei verschiedene bereit stehende Autos geschleppt. Ihnen wurden Tüten über die Köpfe gezogen, so dass sie nicht wussten, wohin man sie brachte. Rovzan wurde nach mehreren Stunden in einem Keller wieder auf freien Fuß gesetzt. Von Elina fehlt jedoch nach wie vor jede Spur. Die junge Frau hatte sich wenige Tage zuvor an mehrere Menschenrechtsorganisationen mit der Bitte um Hilfe gewandt. Sie und ihre Familie würden von "Kadyrowzy" verfolgt, weil ihr inzwischen verstorbener Mann ein tschetschenischer Kämpfer gewesen sei. Sie selbst engagierte sich bei der NGO "Info-Most", die sich um Aids/HIV-Aufklärung von Jugendlichen kümmert. Sie veröffentlichte mehrere Artikel über die humanitäre Situation der Republik in der tschetschenischen Zeitung "Chechen Society".

Die GfbV appellierte in dringlichen Schreiben an den tschetschenischen Staatsanwalt Valeri Kuznetsov, an den russischen Generalstaatsanwalt Juri Tschaika und den Menschenrechtsbeauftragten der russischen Regierung Wladimir Lukin, diesen Vorfall untersuchen zu lassen und für die sofortige Freilassung der jungen Frau einzutreten. Die Täter müssen zur Verantwortung gezogen werden. Auch andere Menschenrechtsorganisationen wie die Internationale Helsinki-Föderation haben sich in ähnlichen Schreiben an die russischen Behörden gewandt.

 

16.8.2006: Prague Watchdog: Luftangriffe und andauernde Gewalt in Tschetschenien

Am Morgen des 16.8.2006 flog die russische Luftwaffe Angriffe auf das Gebiet Noschai-Jurt. Die Angriffe dauerten mehr als 35 Minuten. Mindestens zwei Zivilisten wurden durch Bombensplitter so verletzt, dass sie in ein Krankenhaus eingeliefert werden mussten. Täglich kommt es weiterhin zu gewaltsamen Zusammenstößen, so wurden am 16.8. russische Einheiten mit Handgranaten angegriffen, am 12.8. kam es zu einer Schießerei zwischen russischen und tschetschenischen Einheiten, bei der mindestens zehn tschetschenische Polizisten verletzt wurden. Am selben Tag soll ein tschetschenischer Kämpfer bei einem Zusammenstoß mit bewaffneten Einheiten des russischen Geheimdienstes FSB ums Leben gekommen sein und am 11.8. fanden tschetschenische Polizisten in der Nähe des Dorfes Tschetschen-Aul ein Lager, in dem 180kg TNT Sprengstoff aufbewahrt wurden.

 

15.8.2006: Memorial: Anwalt in Tschetschenien angegriffen

Am 15.8.2006 wurde in Untersuchungsgefängnis in Urus-Martan der Menschenrechtsanwalt Schabrail Abubakarow vom Leiter der Strafverfolgungsabteilung M.-S. Umalatov tätlich angegriffen. Abubakarow hielt sich im Untersuchungsgefängnis auf, um seinen Mandanten Adam Pidiev zu besuchen und um Akteneinsicht zu erhalten. Der Anwalt begab sich in den zweiten Stock des Gebäudes, um einige Dokumente zu kopieren. In einem der Räume sah Abubakarow Polizisten, die er kannte und begrüßte sie. Einer der Anwesenden war Umalatov, der Abubakarow fragte, wieso er seinen Namen in einem Beschwerdebrief erwähnt habe. Abubakarov antwortete, Umalatov hätte seinen Klienten unter psychischen Druck gesetzt und deshalb habe er gefordert, dass dieser nocheinmal von jemand anderem vernommen werden sollte. Danach sprang Umalatov von seinem Stuhl auf, beschimpfte den Anwalt, schlug ihm ins Gesicht und versuchte ihn zu würgen. Abubakarov gelang nach einer Rangelei die Flucht aus dem Gebäude. Er wandte sich danach an den russischen Generalstaatsanwalt und protestierte gegen das Verhalten von Umalatov. Er forderte in dem Brief auch die Verlegung seines Mandanten in ein anderes Untersuchungsgefängnis. Die Menschenrechtsorganisation Memorial gibt an, dass seit 1999 fünf Anwälte verschwunden sind. Von zwei von ihnen wurden Leichen gefunden, sie wurden ermordet. Der Aufenthaltsort der drei anderen ist unbekannt.

 

11.8.2006: Festnahmen in tschetschenischen Flüchtlingsunterkünften

Die zwei 15-jährigen, Adam Iznaurov und Adam Ilatov wurden von pro-russischen tschetschenischen Sicherheitskräften in einer Flüchtlingsunterkunft in Grosny festgenommen als sie versuchten, vorbei fahrende Sicherheitskräfte von ihrem Mobiltelefon aus zu fotografieren. Sie wurden befragt, geschlagen und gefoltert, abends jedoch wieder auf freien Fuß gesetzt. Später jedoch kamen dieselben Sicherheitsbeamten nochmals zu der Flüchtlingsunterkunft und nahmen den älteren Bruder von Adam Iznaurov, den 19-jährigen Adam-Sulman fest, ohne Gründe für ihr Handeln anzugeben. Adam-Sulman wird seitdem festgenhalten.

 

10.8.2006: Kommersant: Putin überlässt Tschetschenien Kadyrow

Der russische Präsident Wladimir Putin hat ein Dekret unterzeichnet, das den Abzug etwa der Hälfte der rund 50.000 russischen Truppen in Tschetschenien 2007 bzw. 2008 zur Folge haben wird. Übernehmen werden dann die direkt dem tschetschenischen Premier Ramzan Kadyrow unterstellten tschetschenischen Einheiten. Dieser Schritt muss als großer Erfolg für Ramzan Kadyrow gewertet werden. Er erfolgte nach einem Treffen zwischen Putin und Kadyrow. Kadyrows Einfluss in Tschetschenien wird damit weiter zementiert. Er ist zusätzlich der Vorsitzende der Putin-Partei "Einiges Russland" in Tschetschenien, die das tschetschenische Parlament kontrolliert. Nun versucht er, die Ölressourcen der Republik unter seine Kontrolle zu bringen.

Kommentar:

Kadyrows Truppen werden von führenden Menschenrechtsorganisationen für 75% der heute in Tschetschenien begangenen Menschenrechtsverletzungen verantwortlich gemacht. Strafverfolgung der Täter findet nicht statt. Anstatt eine tatsächliche politische Lösung des Krieges in Tschetschenien anzustreben, d.h. nach Verhandlungen einen Waffenstillstand, die Entwaffnung der Kämpfer, den Abzug der Truppen, eine Übergangsverwaltung, feie Wahlen etc. umzusetzen, wird das Unrechtsregime Kadyrows, der die Zivilbevölkerung in Angst und Schrecken hält, zementiert und damit auch ein Zustand, der zur Ausweitung des Terrors und der Menschenrechtsverletzungen führen wird.

 

9. 8. 2006: Menschenrechtsdelegation besucht Bezirk Wedenno

Mitarbeiter verschiedener russischer und tschetschenischer Menschenrechtsorganisationen besuchten am 8.8.2006 die Bezirke Wedenno und Schali in Tschetschenien. Sie trafen mit dem Staatsanwalt des von Wedenno, Sergej Orlov zusammen, wo sie die Anwendung der Folter durch die Sicherheitskräfte diskutierten und kritisierten. Orlov versicherte der Delegation, die Übergriffe hätten spürbar nachgelassen. Diejenigen Gebiete dieser Bezirke, die bergig oder bewaldet sind, werden jedoch weiterhin täglich von der russischen Luftwaffe angegriffen. Die Delegation wurde Zeuge einer abendlichen Bombardierung. Die Angriffe finden aus der Luft statt, während die russischen Soldaten in den Kasernen bleiben, weil sie diese Waldgegenden nicht kontrollieren können. (Russian-Chechen Information Agency)

 

9.8.2006: Interfax: Situation in Tschetschenien erlaubt Abzug russischer Truppen

Der tschetschenische Premierminister Ramzan Kadyrow teilte in einem Interview mit dem Nachrichtendienst Interfax mit, die verbesserte Lage in Tschetschenien mache den schrittweisen Abzug der russischen Truppen möglich. Zehntausende Arbeitsstellen seien geschaffen worden und der Wiederaufbau der Republik sei in vollem Gange.

 

5.8.2006: Weiteres Mitglied der Familie des Menschenrechtsverteidigers Imran Eschiev wird im Morgengrauen aus dem Ort Schali verschleppt.

Es handelt sich um den Sohn des Neffen von Eschiev, Schamil Eschiev, geb. 1985. Schamil ist das siebte Familienmitglied der Familie Eschiev, das seit Ende Juni dieses Jahres verschleppt wurde. Wer die Kidnapper von Schamil Eschiev waren, ist unbekannt. Sie trugen Tarnkleidung und wiesen sich nicht aus. Diejenigen, die tschetschenisch sprachen, hatten Masken über ihre Gesichter gezogen. Nachfragen der Verwandten bei den entsprechenden russischen und tschetschenischen Stellen haben bislang nicht ergeben, wo Schamil Eschiev festgehalten wird.

 

3.8.2006: BBC: Starker Rückgang der Zahl Ermordeter oder Verschleppter in Tschetschenien

Nach Auskunft der führenden russischen Menschenrechtsorganisation Memorial ist die Zahl der Morde und Entführungen im Vergleich zum Vorjahr um 38% zurück gegangen. Die Organisation sagt aber auch, dass in Tschetschenien eine Atmosphäre der Angst herrsche und sich viele Angehörige von Opfer nicht getrauten, Verschleppungen und andere Verbrechen anzuzeigen. Nicht geändert habe sich auch die Brutalität mit der Opfer von Menschenrechtsverletzungen z.B. gefoltert würden.

 

3.8.2006: Bombardements durch die russische Luftwaffe

In den Bezirken Shali und Vedenno bombardiert die russische Luftwaffe die Berge. Im letzten Monat berichteten Einwohner des Dorfes Awtury wiederholt über Bombenabwürfe. Auch in der Nähe der Dörfer Niki-Khita, Ersenoy und Kurchaloj wurde die russische Artillerie im Kampf gegen tschetschenische Kämpfer, die sich vermutlich in den Waldgebieten aufhalten, eingesetzt. Angaben über Schäden oder Opfer liegen nicht vor.

 

2.8.2006: Die UN hat die Gefährdungsstufe für Tschetschenien

von "Sicherheitsstufe V" auf "Sicherheitsstufe IV" gesenkt. Dies erlaubt UN-Mitarbeitern länger als für einen Tag in Tschetschenien zu sein und Missionen zu unternehmen, für die in der Republik übernachtet werden muss. Es ist jetzt auch möglich, dass die UN bzw. eine ihrer Unterorganisationen, im Gespräch ist der UNHCR.