16.05.2006

Teilung Bosnien-Herzegowinas überwinden

Resolution Bosnien-Herzegowina

Göttingen
Fast elf Jahre nach Ende des Kriegs (1992-1995) ist Bosnien-Herzegowina von einer Normalisierung der politischen Lage und einer nachhaltigen wirtschaftlichen Erholung weit entfernt. Das Friedensabkommen von Dayton (1995) hat die Politik der so genannten ethnischen Säuberung und Vertreibung nicht beendet.

Die internationale Gemeinschaft versucht, das Friedensabkommen von Dayton, das dem Land seit 1995 als Verfassung dient, mit Reformen abzulösen, um eine Integration Bosnien-Herzegowinas in die westlichen Bündnisse (EU und NATO) zu ermöglichen. Nachdem das Parlament Bosnien-Herzegowinas Verfassungsreformen abgelehnt hat, wird die Verantwortung für die Bevölkerung Bosnien-Herzegowinas an die Politiker der beiden Entitäten, der serbischen Republik Srpska (RS) und der bosniakisch-kroatischen Föderation, abgegeben. Künftige Generationen werden weiterhin in ethnisch gesäuberten Gebieten aufwachsen. Dies wird eine Auseinandersetzung mit der Vergangenheit erschweren und die Teilung des Landes verfestigen.

Aus der heutigen Republika Srpska wurden mehr als 50 % der Nichtserben vertrieben. Bisher sind dort nur acht Prozent von ihnen zurückgekehrt. In ostbosnischen Städten wie Rogatica, Foca oder Visegrad gibt es kaum Rückkehrer. In dem Verwaltungsbezirk Srebrenica (die ehemalige UN-Schutzzone), der als Schauplatz des furchtbarsten Massenmordes der europäischen Geschichte seit dem Holocaust gilt (vor dem Krieg 74,8 % Muslime , 37 200 Einwohner) leben heute 1000 Bosniaken . Nur 4 000 Bosniaken sind in die umliegenden 59 Dörfer zurückgekehrt. 341 649 Menschen leben noch als Binnenflüchtlinge innerhalb Bosnien-Herzegowinas.

Ethnische Diskriminierungen am Arbeitsplatz, in der Schule, in der Nachbarschaft verhindern in der RS eine sichere Rückkehr der Vertriebenen. Im Gerichtswesen, der Polizei und der Regierung haben noch immer die mutmaßlichen Kriegsverbrecher und deren Gefolgsleute wichtige Positionen inne. Die Hauptkriegsverbrecher Radovan Karadzic und Ratko Mladic sind noch nicht gefasst worden. Die Visa-Regelung der EU-Länder für Bürger von Bosnien-Herzegowina ist in der heutigen Form inakzeptabel und wird vor allem von Geschäftsleuten, Experten und Studenten als diskriminierend empfunden.

Bosnien und Herzegowina braucht die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft für die Annäherung an EU und NATO.

Die Jahresversammlung der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) fordert von der Europäischen Union, der internationalen Gemeinschaft und den Vereinten Nationen, dass:

- alle Kriegsverbrecher, darunter die Hauptkriegsverbrecher Radovan Karadzic und Ratko Mladic, festgenommen und an das Internationale Kriegsverbrechertribunal in Den Haag ausgeliefert werden. Die Rückkehr der Flüchtlinge und Vertriebenen und deren Sicherheit müssen durchgesetzt werden

- die Polizeireform durchgesetzt und eine einheitliche Polizei für ganz Bosnien-Herzegowina eingerichtet wird

- die Entitäten der RS und der Föderation Bosnien und Herzegowina aufgelöst werden. Bosnien-Herzegowina muss zukünftig als demokratische, freiheitliche, rechtsstaatliche Republik organisiert werden, bestehend aus Kantonen und Gemeinden mit einem Selbstverwaltungssystem.

-Bosnien-Herzegowina muss nach demokratischen Prinzipien auf Gleichberechtigung aller seiner Bürger, gleich welcher religiöser Überzeigung oder ethnischer Zugehörigkeit, beruhen.

Die allgemeine Situation der Roma-Minderheit muss verbessert werden.

- Die Vereinten Nationen haben in Srebrenica versagt. Sie müssen dafür sorgen, dass Srebrenica einen Sonderstatus erhält, dass die die Überlebenden des Genozids beschützt werden und ihre Stadt mit den zugehörigen 59 Dörfern wiederaufgebaut und entwickelt wird.

-die Visa-Pflicht für die Staatsbürger Bosnien-Herzegowinas aufgehoben wird, um die wirtschaftliche Entwicklung des Landes voranzutreiben.