12.06.2006

Teilen und Zerstören in Darfur

Kommentar von John Prendergast, International Crisis Group (ICG), bei all.africa.com

John Prendergast ( ICG)

Das Ende eines Krieges auszuhandeln ist verzwickt genug. Aber im Fall Darfurs waren die Vermittler auch mit der Aufgabe konfrontiert, das zu beenden, was die Bush-Regierung Genozid nennt und was unzweifelhaft massive Verbrechen gegen die Menschlichkeit sind.

So ein großer Auftrag, verbunden mit einem sehr kurzfristig terminierten Verhandlungsschluss, führte zu einem Abkommen, das mehr Fragen offen lässt als beantwortet. Und wenn nicht sofort eine UN-Friedenstruppe stationiert wird um seine Umsetzung zu garantieren, dann werden auch mehr als zwei Millionen Binnenflüchtlinge in Darfur schutzlos vor Ausbeutung bleiben.

Eine Frage, für die es keine rationale Antwort gibt, ist, warum es so lange gedauert hat, um dieses Abkommen auszuhandeln. Als die USA, Großbritannien und die Afrikanische Union schließlich dieses Ultimatum stellten und die Friedensverhandlungen massiv unterstützten, dauerte es nur Wochen um sie abzuschließen. Warum war dies nicht schon anderthalb Jahre früher geschehen? Bis zu 200.000 Menschenleben hätten so gerettet werden können und die Bedingungen für Versöhnung und Wiederaufbau wären weit besser.

Sobald ein Ultimatum gestellt worden war, präsentierten die Vermittler ihre Vorschläge, die für die (sudanesische) Regierung positiv waren, weil sie erkannten, weil sie erkannten, dass das Regime auf dem Schlachtfeld in Darfur führend war. Aber wenn dieses Kräfte-Ungleichgewicht weiter nicht in Frage gestellt wird, dann wird es der Regierung die Möglichkeit geben, ihre Politik des Teilens und Zerstörens auch weiter fortzusetzen, die sie gegenüber der Opposition im gesamten Land betreibt – eine ruchlose Verhaltensweise, die seit dem Ende der 80er Jahre den Tod von mehr als 2,5 Millionen Sudanesen im Krieg verursacht hat.

Khartums Strategie des Teilens und Zerstörens wird auch weiterhin Darfur entlang ethnischer Zugehörigkeit spalten, wird Handlanger wie die Janjaweed und abtrünnige Rebellen dazu anregen, Konflikte zwischen Bevölkerungsgruppen zu provozieren, und wird Politiker bestechen, um dafür zu sorgen, dass Darfur nicht als Region entwickelt wird. Es ist die gleiche Taktik, die die Regierungspartei auch im Südsudan nach dem Konflikt anwendet: ein starkes Zentrum (des Sudan) erhalten, dass die Sicherheit und den größten Teil der Öl-Erträge kontrolliert und die Regionen am Rande des Landes schwach, geteilt und unterentwickelt lässt, ohne Möglichkeiten, um die Regierung wirksam mit Waffen oder Wahlen herauszufordern.

Das Darfur Friedensabkommen leidet unter dem gleichen systematischen Fehler wie auch das für den Südsudan ausgehandelte Vertragswerk, das ironischerweise Umfassendes Friedensabkommen genannt wird. Denn keines dieser Abkommen ist umfassend, sondern geht nur auf die Probleme jeder einzelnen Region ein, genau wie es die Strategie des Teilens und Zerstörens der herrschenden Partei erfordert. Obwohl alle die gleichen Forderungen haben, dürfen die Menschen im Süden, Westen und Osten nur um Fitzelchen kämpfen, während die tatsächliche Macht im Zentrum weiterhin in den Händen der herrschenden Nationalen Kongress Partei ruht. Da sie nicht in Frage gestellt werden, werden Mitarbeiter der herrschenden Partei auch weiterhin Milizen benutzen, um Regionen des Landes zu destabilisieren, die der Opposition nahe stehen und wird Rebellen in Nachbarländern unterstützen, die als unfreundlich gelten, so wie sie es nun im Tschad, in Uganda und Eritrea tut.

Internationale Überwachung, Druckmittel und die Entsendung von Friedenstruppen sind der Schlüssel zu Sudans Umgestaltung. Nun, nachdem das Darfur-Abkommen unterzeichnet wurde, muss sichergestellt werden, dass eine UN-Friedenstruppe – am besten 20.000 Mann – nach Darfur entsandt wird, um die Janjaweed-Milizen tatsächlich außer Gefecht zu setzen und die Zivilbevölkerung zu beschützen vor der sicherlich weiterhin schrecklichen Sicherheitslage. Das ist wenig anders als der Auftrag, den die UN-Truppe im Südsudan haben wird, wo Wahlen und eine Volksabstimmung über die Unabhängigkeit in fünf Jahren ein entschiedenes Überwachen von Milizen erforderlich machen, die die Stabilität im Südsudan unterminieren wollen.

Um die Erfüllung dieses Auftrages sicherzustellen, wird die internationale Gemeinschaft Druck aufbauen müssen. Angesichts der bestehenden Straflosigkeit wird der beste Weg sein, um dies zu erreichen, drei Werkzeuge zu nutzen, um Verantwortlichkeit herzustellen: Anklagen beim Internationalen Strafgerichtshof, gezielte UN-Sanktionen und Einstellung von Investitionen in Unternehmen, die mit dem Sudan Geschäfte betreiben. Diplomaten werden vielleicht versucht sein, das Gegenteil zu tun, und erklären, dass alle Abkommen in Darfur und im Süden gebraucht wurden, und dass man Vergangenes ruhen lassen soll. So eine Vorgehensweise wird allerdings Tendenzen führender Regierungsvertreter bestärken – und vielleicht auch von einigen Rebellen -, die die Abkommen unterwandern und ihre destruktiven Aktionen fortsetzen wollen. Bis das Abkommen tatsächlich und sichtbar umgesetzt wird und bis zu einem Ende der schweren Menschenrechtsverletzungen sollten diese Druckmittel bei jeder Verletzung der Vereinbarungen weiter genutzt werden.

Schließlich sollte eine Strategie der Friedensbildung regionale Einrichtungen im Süden, Westen und Osten besonders fördern, die gemeinsame Friedenslösungsansätze vorantreiben können und somit auch die Zivilgesellschaft stärker bei der Friedenssuche beteiligen Sudans Friedensverträge wurden nur von den am meisten bewaffneten Akteuren unterzeichnet und die politische Macht bleibt in den Händen der Regierungspartei konzentriert. In diesem Sinne bleibt der Kern der Vielfältigen Probleme im Sudan unberücksichtigt. Das Endziel muss ein gerechtes, dauerhaftes und angemessen dezentralisiertes politisches System für den Sudan sein, das die massive Dominanz von Warlords beendet. Das Leben von Millionen Sudanesen hängt davon ab.