01.02.2012

Streit um Anerkennung Palästinas

Jüdische Siedler bewaffnen sich

Aus bedrohte völker_pogrom 268, 5/2011

Vor dem Hintergrund des Streites im September 2011, ob Palästina als eigenständiges UN-Mitglied und unabhängiger Staat anerkannt werden soll, planten einige jüdische Siedler in den palästinensischen Gebieten, sich noch stärker zu bewaffnen. Die Siedler werden vom rechten Spektrum in Israel unterstützt und wollten „auf jedwede Bewegung der palästinensischen Seite reagieren können“. Mehr als eine halbe Million automatische Gewehre und praktisch unbegrenzt Munition besitzen die Siedler bereits. Einige von ihnen bestätigten, dass seit August Vorbereitungen liefen, Palästinenser anzugreifen. Extremistische Siedler sind bereits für eine Vielzahl von Attacken gegen Palästinenser verantwortlich gemacht worden.

Die Angst jüdischer Siedler vor extremistischen Palästinensern ist berechtigt. Eine weitere Bewaffnung könnte die Lage in den von Israel besetzten Gebieten jedoch unnötig verschärfen. Denn wenn die UN offiziell einen unabhängigen palästinensischen Staat anerkennen würden, könnte es zu einem explosiven Szenario kommen: Zehntausende Palästinenser könnten auf die Straße gehen, um ihren Staat zu feiern. Es wäre für die israelische Armee eine enorme Herausforderung, wenn die Demonstranten die jüdischen Siedlungen erreichten. Nach Informationen der israelischen Tageszeitung Haaretz haben israelische Soldaten die Anweisung, palästinensische Demonstranten, die sich den jüdischen Siedlungen zu stark nähern, in die Beine zu schießen.

Die israelische Armee verhindert zwar die Bewaffnung der Siedler nicht; sie verurteilt jedoch Pläne, die palästinensische Bevölkerung zu attackieren. Wenn es zu einer direkten Konfrontation zwischen Juden und Palästinensern kommt, wäre das für beide Völker katastrophal. Deshalb ist die israelische Regierung in Jerusalem gut beraten, eine Politik der Deeskalation zu betreiben. Sie muss auch begreifen, dass ihre Siedlungspolitik den Interessen Israels und des jüdischen Staates sowohl in der Region als auch international enorm schadet.

Die Spirale der Gewalt zwischen Israelis und Palästinensern muss endlich durchbrochen werden. Hinsichtlich der neuen Entwicklungen des so genannten arabischen Frühlings im Nahen Osten und in Nordafrika sollte Israel die Lage neu bewerten. Eine konstruktive Politik, die auf die Anerkennung Palästinas in den Grenzen vor dem 4. Juni 1967 gerichtet ist, würde die Stellung Israels in der Region und international stärken. Dadurch hätten es auch befreundete Staaten einfacher, Israel vor realen Bedrohungen durch den Iran, aber auch durch panarabische und panislamistische Bestrebungen in Schutz zu nehmen.

Wir wissen, dass Israel verletzlich bleibt, immer noch umgeben von vielen autoritär regierten und meist hochgerüsteten arabischen und islamischen Staaten mit rund 300 Millionen Einwohnern. Dennoch ist eine neue Sicherheitspolitik unabdingbar.


„Zelt der Völker“ im Westjordanland

Der Palästinenser und evangelisch-lutherische Christ Daoud Nasser hat auf einem Weinberg, den seine Familie schon in der dritten Generation bewohnt, das Projekt „Tent of Nations“ (Zelt der Völker) gegründet. In der Nähe von Bethlehem im Westjordanland gelegen, steht das Projekt des Friedensaktivisten im Brennpunkt des israelisch-palästinensischen Konflikts. Unter dem Motto „Wir weigern uns, Feinde zu sein“ stellt das „Zelt der Völker“, Raum für Begegnungen zwischen Christen, Muslimen und Juden auf der einen, Palästinensern und Israelis auf der anderen Seite zur Verfügung. Jedes Jahr besuchen über 5000 Gäste aus aller Welt das Projekt. (Sarah-Maria Humburg)


pogrom im Online-Shop der GfbV bestellen.