23.03.2006

Selbstmordversuch nach Abschiebung

Landkreis Hameln: Hartherzige Nacht- und Nebelaktion treibt jezidische Mutter aus Georgien zu Verzweiflungstat

Die überraschende Abschiebung ihres in Deutschland aufgewachsenen Sohnes hat eine kurdische Jezidin aus Georgien am Dienstag im Landkreis Hameln zu einer Verzweiflungstat getrieben: Sie liegt nach einem Suizidversuch inzwischen auf der Intensivstation in einem Krankenhaus in Hildesheim.

 

Scharf kritisiert die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) in Göttingen diese "hartherzige Nacht- und Nebelaktion". "Die behandelnden Ärzte aus der Psychiatrie Bethel in Bielefeld hatten der Mutter des jungen Mannes, der als Achtjähriger nach Deutschland kam und hier aufgewachsen ist, glaubhaft bescheinigt, suizidgefährdet zu sein", berichtete die GfbV-Europareferentin Sarah Reinke. "Es ist herzlos und unmenschlich, dass die Familie auseinander gerissen wurde." Im sechsten Monat schwanger, bliebe auch die Frau des Abgeschobenen in Deutschland zurück. Die beiden seien "nur" nach jezidischem Brauch verheiratet gewesen. Dem Anwalt der Familie, der seine Kanzlei in Bielefeld hat, habe keine Chance gehabt, gegen den Beschluss vorzugehen. Ein Gericht hatte in einem Eilverfahren der Abschiebung zugestimmt.

 

In einem dringenden Schreiben hat sich die GfbV an die Deutsche Botschaft in Georgien gewandt und um Informationen über den Verbleib des jungen Mannes gebeten, der nach elf Jahren in Deutschland nur deutsch spricht und keine Verwandten oder Freunde in Georgien hat. "Ein Lebenszeichen könnte die Familie und vor allem die schwerkranke Mutter vielleicht etwas beruhigen, die jetzt in furchtbarer Angst um ihren Sohn schwebt", sagte Reinke.

 

In Georgien könnten dem jungen Mann unkalkulierbare Gefahren drohen. Der GfbV sei mehrfach berichtet worden, dass Jeziden in Georgien bedroht, von der Polizei schikaniert und zu Schutzgeldzahlungen gezwungen worden seien. Vor einigen Jahren sei ein Jezide nach seiner erzwungenen Rückkehr aus Deutschland sogar ermordet worden, weil er das Schutzgeld nicht mehr zahlen konnte.