24.06.2005

Sechs Monate nach der Tsunami-Katastrophe

Verfehlte Wiederaufbaupolitik bedroht Indiens Ureinwohner auf Andamanen und Nikobaren

Ein halbes Jahr nach der Flutkatastrophe in Südasien droht den indischen Ureinwohnern auf den Andamanen und Nikobaren der Untergang, warnt die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV). "Zwar haben die meisten Ureinwohner die Naturkatastrophe überlebt, doch die verfehlte Wiederaufbaupolitik der indischen Behörden gefährdet heute das Überleben dieser Jahrtausende alten Gemeinschaften ", kritisierte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius am Freitag in Göttingen. Bedroht werde das Überleben der indigenen Bevölkerung auch durch schwere ökologische Schäden, die durch die Flutkatastrophe verursacht wurden.

 

"Die indischen Behörden missachten beim Wiederaufbau die traditionelle Kultur und Gesellschaft der Ureinwohner", kritisierte Delius. So würden deren traditionellen Stammesräte nicht in die Planung des Wiederaufbaus einbezogen und Dorfgemeinschaftshäuser, die traditionell eine große Bedeutung für das Leben der indigenen Gemeinschaft haben, nicht mehr errichtet. Statt in der Region verbreitete Baustoffe zu verwenden, würden Häuser aus Wellblech gebaut, die von den Ureinwohnern nicht angenommen werden. Oft würden die Häuser in Schlammwüsten ohne jede Infrastruktur errichtet. Tausende Ureinwohner lebten noch immer in Flüchtlingslagern.

 

Mehr als 50.000 der 260.000 Bewohner der zu Indien gehörenden Inselgruppe der Andamanen und Nikobaren wurden durch die Naturkatastrophe obdachlos. Immer wieder protestierten Ureinwohner in den letzten Monaten gegen die oft lächerlichen "Entschädigungen" von nur wenigen Cents, die sie von den Behörden erhielten.

 

Bei der Tsunami-Katastrophe wurden auf den Andamanen und Nikobaren nach offiziellen Angaben mindestens 2.000 Menschen getötet, 5.640 Bewohner gelten noch immer als vermisst. Inoffiziell wird von mehr als 10.000 Opfern auf den Inseln ausgegangen. Von den Zerstörungen besonders betroffen waren die Nikobaren. Siebzig Prozent der rund 40.000 Einwohner dieser Inselgruppe sind Ureinwohner.

 

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