12.12.2005

Schröder soll Putins Schweigegeld an tschetschenische Menschenrechtlerinnen weiterreichen!

OFFENER BRIEF an Altbundeskanzler Gerhard Schröder

Sehr geehrter Herr Schröder,

 

am 19. Januar 1995 haben Sie als Abgeordneter des Deutschen Bundestages in Bonn die Regierung Kohl-Kinkel während des ersten Genozids an den Tschetschenen (etwa 80.000 Opfer 1994/95) eines "Beitragens zum grausamen Morden an einem kleinen Volk im Kaukasus" angeklagt, weil die damalige Bundesregierung von einem "inneren Problem Russlands" gesprochen hatte.

 

Seit Ihrem Regierungsantritt haben Sie nicht nur zu dem neuen Genozid (etwa 80.000 Opfer) geschwiegen, sondern Sie haben diesen Völkermord mit dem russischen Kampf gegen den tschetschenischen Terrorismus gerechtfertigt und Sie haben die militärische und geheimdienstliche Zusammenarbeit mit Russland massiv ausgebaut. Dazu gehört unter anderem die Entsendung eines BND-Teams unter Leitung von August Hanning 2000 in das gerade von russischen Truppen total zerstörte Grosny, das an Dresden erinnerte und in dessen Kellern Hunderte, vielleicht Tausende von Toten lagen.

 

Wie damals die Regierung Kohl-Kinkel müssen jetzt Sie sich kritisieren lassen: Durch Ihre intime Kooperation mit dem Oberkommandierenden der russischen Armee und Sicherheitstruppen haben Sie direkte Mitschuld für den letzten Genozid und seine 80.000 Opfer auf sich geladen! Wir gehen davon aus, dass Sie dafür jetzt mit einem lukrativen Posten beim deutsch-russischen Trägerkonsortium der Ostsee-Pipeline belohnt worden sind.

 

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) fordert Sie als zukünftigen Aufsichtsratsvorsitzenden beim deutsch-russischen Trägerkonsortium der Ostsee-Pipeline dringend dazu auf, ihr "Schweigegeld", an das Haus für vergewaltigte und traumatisierte Frauen in Grosny sowie an das Waisenhaus in der tschetschenischen Hauptstadt zu überweisen. Ersteres wird von der tschetschenischen Trägerin des Weimarer Menschenrechtspreises 2005 Lipkan Basajewa, letzteres von Zainap Gaschajewa, der tschetschenischen Trägerin des Kölner Lew Kopelew Preises 2005, getragen. Unter den insgesamt rund 650.000 Einwohnern Tschetscheniens sind etwa 40.000 Kriegs-Waisen.

 

Darf ich Sie daran erinnern, dass Sie während des Putin-Besuches anlässlich der letzten Hannoveraner Messe sogar akzeptiert haben, dass der mutmaßliche Hauptkriegsverbrecher Ramsan Kadyrow, verantwortlich für zwei Drittel der Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien, der in eigenen Folterkellern selbst Hand anlegt, Sie und Ihren Staatsgast begleiten sollte. Nur eine Anzeige unserer Menschenrechtsorganisation bei Generalstaatsanwalt Kai Nehm verhinderte seine Anreise nach Deutschland.

 

Mit freundlichen Grüßen

gez. Tilman Zülch

Generalsekretär (Tel. 0151 153 09 888)