18.04.2005

Scharfe Kritik an Schröder: Deutsche China-Politik ermutigt Peking zur Militärintervention gegen Taiwan

Streit um Aufhebung des EU-Waffenembargos gegen China

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat das Festhalten der Bundesregierung an einer Aufhebung des EU-Waffenembargos gegen China scharf kritisiert. "Es ist eine instinktlose Anbiederung an Chinas Diktatoren, wenn sich Bundeskanzler Gerhard Schröder trotz anhaltender schwerer Menschenrechtsverletzungen in China und immer neuer Drohgebärden Pekings gegen Taiwan für ein Ende der Sanktionen einsetzt", erklärte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius am Mittwoch. Diese Politik ermutige China in seinen Drohgebärden gegen Taiwan, die zu einer Militärintervention führen könnten. Gegenüber der Demokratie in Taiwan sei es respektlos, wenn die Bundesregierung sich unmittelbar nach der Ankündigung bedeutender chinesischer Militärmanöver zur Einschüchterung Taiwans für die Aufhebung des Waffenembargos einsetze. Wenn Deutschland ernsthaft einen Sitz im Weltsicherheitsrat anstrebe, dann müsse Berlin China nachdrücklich zur Mäßigung auffordern, um eine Militärintervention Chinas gegen Taiwan zu verhindern, die katastrophale Folgen für die Stabilität in Ostasien hätte.

 

Der stellvertretende Sprecher der Bundesregierung Thomas Steg hatte am 5. Juli 2004 bekräftigt, der Bundeskanzler strebe trotz eines negativen Votums des Auswärtigen Ausschusses und des Menschenrechtsausschusses noch immer eine Aufhebung des 1989 nach dem Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens erlassenen EU-Waffenembargos gegen die Volksrepublik China an. Nur wenige Stunden zuvor hatte China die größten Militärmanöver dieses Jahres vor den Küsten Taiwans angekündigt. Mehr als 18.000 Soldaten sollen unter Einsatz aller in den chinesischen Streitkräften verfügbaren Offensivwaffen im Juli bei Militärmanövern auf der Insel Dongshan (Provinz Fujian) demonstrieren, dass China bei einer Militärintervention die Lufthoheit seiner Truppen sicherstellen könne. In staatlichen chinesischen Medien hieß es, dieses Manöver sei als Warnsignal an Taiwan zu verstehen. Mit dem demonstrativen Einsatz von Offensivwaffen wolle die stetig aufrüstende und ihre Armee modernisierende Volksrepublik zeigen, dass die Zeiten vorbei seien, in denen China sich nur militärisch gegen einen Angriff aus dem Ausland schützen wolle.

 

Seitdem Bundeskanzler Gerhard Schröder bei seiner letzten China-Reise Ende Oktober 2003 der chinesischen Führung versprochen hat, sich für eine Aufhebung des EU-Waffenembargos einzusetzen, engagiert sich die GfbV in Gesprächen mit Parlamentariern und politischen Parteien für eine Beibehaltung der Sanktionen. In einem im April 2004 veröffentlichten umfangreichen Report analysierte die Menschenrechtsorganisation die katastrophale Lage der Menschenrechte in der Volksrepublik und die möglichen Folgen einer Aufhebung des Embargos. Insbesondere warnte die GfbV davor, den EU-Verhaltenskodex für Rüstungsexporte als Garanten dafür anzusehen, dass China keine Offensivwaffen aus der EU beziehe, die bei einer Militärintervention gegen Taiwan eingesetzt werden könnten. Denn der EU-Verhaltenskodex konnte seit seinem Inkrafttreten im Jahr 1998 nicht verhindern, dass Waffen aus Europa in alle maßgeblichen Krisenregionen weltweit sowie in Staaten exportiert wurden, die massiv Menschenrechte verletzen.