25.09.2008

Rund 800 verzweifelte Hmong nach Laos abgeschoben

Flüchtlingsdrama in Thailand

aus: bedrohte völker_pogrom 248, 3/2008

Monatelang hat sich die Lage im thailändischen Flüchtlingslager Ban Huay Nam Khao beinahe täglich zugespitzt – doch nun eskalierte die Situation dramatisch. Am 20. Juni 2008, dem Internationalen Tag des Flüchtlings, war das Maß für die rund 8.000 Hmong-Flüchtlinge aus Laos voll. Sie konnten das quälende Warten auf eine Entscheidung über ihre Zukunft und das perspektivlose Lagerleben dicht aneinandergedrängt nicht mehr ertragen. Etwa 5.000 von ihnen machten sich zu Fuß auf den Weg zum UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) im etwa 350 Kilometer entfernten Bangkok zu marschieren. Doch bereits nach wenigen Kilometern wurde der Zug von thailändischem Militär gestoppt. Zwei Tage später wurden die angeblichen Anführer des Protestmarsches sowie einige Hmong, deren Auslieferung Laos gefordert hatte, zwangsweise zurück nach Laos deportiert. Nur wenige Stunden später wurden rund 800 weitere Hmong-Flüchtlinge gegen ihren Willen abgeschoben.

"Die thailändischen Behörden behaupten, die 800 Hmong-Flüchtlinge seien freiwillige Rückkehrer gewesen. Aber das ist schwer zu glauben", sagte Gilles Isard von "Ärzte ohne Grenzen", der einzigen Hilfsorganisation im Flüchtlingslager. "Familien wurden auseinandergerissen. Eine unserer Hmong-Mitarbeiterinnen, die sich an den Protesten beteiligt hatte, wurde ohne ihre Kinder abgeschoben. Es gibt andere ähnliche Fälle. Viele Flüchtlinge haben große Angst vor einer Rückkehr nach Laos."

Thailand betrachtet die Flüchtlinge als "Wirtschaftsmigranten" und will deshalb bis Ende des Jahres alle Hmong zurück nach Laos deportiert haben. Viele von ihnen flohen jedoch vor akuter Verfolgung durch laotisches und vietnamesisches Militär aus dem Dschungel von Laos nach Thailand. Sie dürften deshalb nicht abgeschoben werden. Heute halten sich noch mehr als 10.000 Hmong in dem Urwald versteckt – immer auf der Flucht, in Todesangst. Sie werden auf Grund ihrer Verbindungen zu früheren Hmong-Kämpfern verfolgt, die während des Vietnamkrieges vor mehr als 30 Jahren von der amerikanischen CIA als Söldner rekrutiert worden waren.

"Im Lager gibt es etwa 150 Personen, die Schusswunden aufweisen, von denen sie sagen, sie hätten diese vor einigen Jahren von der laotischen Armee zugefügt bekommen, während sie sich im Dschungel aufhielten. Einige Hmong-Flüchtlinge mit mentalen Traumata, die durch die Gewalt und Verfolgung in Laos hervorgerufen und von Ärzte ohne Grenzen behandelt worden sind, sind unter denjenigen, die nicht ins Lager zurückgekehrt sind", berichtete Isard.

Insgesamt fehlen derzeit rund 1.300 Hmong nach dem Protestmarsch im Lager. Etwa 500 Hmong sollen festgenommen und in örtliche Gefängnisse gebracht worden sein. Über ihr Schicksal und das der Abgeschobenen ist bisher nichts bekannt.

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat sich an die Außenminister der EU-Staaten, der USA, Australiens, Kanadas und Japans mit der dringenden Bitte gewandt, ihre diplomatischen Vertretungen in Laos oder den Nachbarländern zu alarmieren. Sie sollten sich Zugang zu den Abgeschobenen verschaffen und langfristig ihr Wohlbefinden überprüfen. Auch Thailand forderte die GfbV wiederholt auf, keine weiteren Abschiebungen vorzunehmen, bis der UNHCR in einer unabhängigen Untersuchung festgestellt hat, wer vor ethnischer, politischer und religiöser Verfolgung aus Laos geflohen ist und Flüchtlingsstatus verdient. Bisher hat Thailand dem UNHCR jeglichen Zugang zum Camp verwehrt und im Sommer 2007 eine eigene Untersuchung durchgeführt. Weil damals keine unabhängigen Beobachter zugelassen wurden, muss bezweifelt werden, dass dabei international anerkannte Standards eingehalten worden sind.

[Quellen]

nationmultimedia.com

www.doctorswithoutborders.org