26.01.2009

"Rettet das syrisch-orthodoxe Kloster Mor Gabriel! Rettet das Christentum in der Türkei!"

Demonstration und Kundgebung in Berlin

GfbV auf der Kundgebung für die Christen in der Türkei

Mit einer eindrucksvollen Demonstration vom Lustgarten bis zum Brandenburger Tor mit Banner und Fahnen und einer abschließenden sehr emotionalen Kundgebung auf dem Pariser Platz rief das Aktionsbündnis für das Kloster  Mor Gabriel zur Erhalt und Verteidigung des Christentums in der Türkei und dem Nahen Osten auf. Nach Angaben der Veranstalter nahmen   über  10000 syrisch-orthodoxe Christen und Unterstützer aus allen Teilen der Bundesrepublik daran teil. Rundfunkberichte sprachen von 4000 Teilnehmern, darunter zahlreiche Geistliche orientalischer Kirchen, Vertreter von Katholiken, Protestanten, muslimischer, kurdischer und säkularer Organisationen. Als Gastrednerin  für die Gesellschaft für bedrohte Völker sprach  Europa-Referentin Sarah Reinke.

"Bundeskanzlerin Angela Merkel muss den türkischen Ministerpräsidenten

Recep Tayyip Erdogan dazu drängen, die Aktivitäten der muslimischen

Nachbarn gegen das Kloster nicht länger zu schüren und zu unterstützen",

sagte Reinke. "Sie müssen zu Zurückhaltung und Respekt vor dem

Eigentum des Klosters sowie einzelner assyro-aramäischer Familien

aufgerufen werden." Zehntausende Christen seien in den 1980-er Jahren in

westeuropäische Länder geflohen und hätten ihr Eigentum zurücklassen

müssen, weil sie dem Verfolgungsdruck fundamentalistischer Muslime und

türkischer Behörden nicht standhalten konnten. Da mindestens 60.000

Assyrer-Aramäer als deutsche Staatsbürger unter uns lebten, sei

Deutschland ihnen auch besonders verpflichtet.

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) unterstützte den Aufruf der AKTION MOR GABRIEL zur Rettung des Klosters Mor Gabriel im Südosten der Türkei. Das Kloster fürchtet um seine Existenz. Denn drei Vorsteher benachbarter muslimisch-kurdischer Dörfer versuchen, sich sein Land anzueignen. Sie wollen Teile des Jahrhunderte alten Klosterbesitzes als Weideland nutzen und haben bereits im September 2008 Anzeige wegen angeblicher "Aneignung fremden Bodens" gegen Mor Gabriel erstattet. Der Staatsanwalt hat Klage eingereicht. Mor Gabriel ist eines der ältesten christlichen Klöster der Welt und eines der wenigen noch bestehenden geistlichen Zentren der syrisch-orthodoxen Christen in der Türkei.

Im Hintergrund stehen Bemühungen der islamisch-konservativen Regierungspartei AKP des Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan, der prokurdischen Partei DTP kurdische Wählerstimmen abzujagen. Aus diesem Grund versuchen Staatsverwaltung und Militär seit einigen Jahren, die Kurden und Christen in der überwiegend von Kurden bewohnten Südosttürkei gegeneinander aufzuhetzen, kritisiert die GfbV. Die Menschenrechtsorganisation hat sich in den vergangenen Monaten an verschiedene kurdische Organisationen und Persönlichkeiten in der Türkei gewandt mit der dringenden Bitte, sich solidarisch mit den 2000 bis 3000 im Tur Abdin noch verbliebenen Christen zu zeigen und den Anhängern Erdogans in der Region entgegenzutreten. Der Chef und Fraktionschef der DTP im türkischen Parlament, Ahmet Türk, hat daraufhin bei einem Besuch des Klosters Ende Dezember 2008 die ausdrückliche Solidarität seiner Partei mit Mor Gabriel und den christlichen Assyro-Aramäern im Tur Abdin erklärt.

Noch Mitte der 1960er Jahre lebten rund 130.000 syrisch-orthodoxe Christen im Südosten der Türkei, nachdem Hunderttausende von ihnen 1915/16 dem türkischen Genozid zum Opfer gefallen waren. An den Verbrechen hatten sich viele muslimisch-kurdische Agas beteiligt. Die überwältigende Mehrheit der syrisch-orthodoxen Christen ist in den vergangenen Jahrzehnten auf Grund von Verfolgung und Diskriminierung nach Mittel- und Nordeuropa geflohen. In Deutschland gibt es rund 60.000 von ihnen.