29.05.2006
Protest gegen Maßregelung der "Deutschen Welle"
Äthiopien will unabhängige ausländische Medien mundtot machen
Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat der
äthiopischen Regierung am Mittwoch vorgeworfen, nach den
heimischen Medien nun auch noch die letzten unabhängigen
ausländischen Medien mundtot machen zu wollen. Das
äthiopische Außenministerium hatte zuvor angekündigt, dem
Deutschen Bundestag in den nächsten Tagen
Protestresolutionen gegen die vermeintlich "unausgewogene
und destruktive" Berichterstattung der "Deutschen Welle" zu
übergeben.
"Die umfassende Berichterstattung der "Deutschen Welle" über
das politische Tagesgeschehen und Menschenrechtsverletzungen
ist für die äthiopische Bevölkerung angesichts der
staatlichen Zensur außerordentlich wertvoll", erklärte der
GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius. Nur so könnten sich die
Bürger Äthiopiens ein eigenes Bild von der Lage in ihrem
Land machen, denn nur in China, Kuba und Eritrea werde die
Pressefreiheit noch mehr mit Füßen getreten. Es sei der
"Deutschen Welle" und dem ebenfalls massiv kritisierten
Radiosender "Stimme Amerikas" zu verdanken, dass es in
Äthiopien immer weniger "Täler der Ahnungslosen" gibt. Dies
belege auch die wachsende Zuhörerschaft des deutschen
Auslandssenders in ländlichen Gebieten. Erst kürzlich hätten
daher Oromo an den Sender appelliert, auch ein Programm in
ihrer Sprache auszustrahlen.
Mindestens 21 Journalisten seien zur Zeit in Äthiopien
inhaftiert, unter ihnen auch mehrere Angehörige der
unterdrückten Bevölkerungsgruppe der Oromo, kritisierte die
GfbV. Immer mehr Journalisten müssten aufgrund der
Repression das Land verlassen. So seien im Jahr 2004 allein
zwölf Oromo-Journalisten ins Ausland geflohen, weil sie
wegen ihrer kritischen Berichterstattung von
Sicherheitskräften verfolgt worden seien.
Nach der blutigen Niederschlagung von Protesten gegen die
manipulierten Parlamentswahlen im Mai 2005 habe die
Repression gegen unabhängige Medien nun einen neuen
Höhepunkt erreicht. So stünden 14 Journalisten wegen
"Hochverrats" und "Anstiftung zum Völkermord" gemeinsam mit
100 mutmaßlichen Anhängern der Oppositionsbewegung vor
Gericht. Mehr als zehn Zeitungen hätten aufgrund des Drucks
der Behörden seit November 2005 ihr Erscheinen einstellen
müssen.
Auch im Internet werde der freie Meinungsaustausch immer
mehr unterdrückt. So seien in dieser Woche mindestens 23 von
32 kritischen äthiopischen Internet-Tagebüchern (Blogger)
für äthiopische Internet- Nutzer gesperrt worden. Nur aus
dem Ausland sei noch ein Zugriff auf sie möglich.