26.04.2005

Peking und "deutsche Maoisten" sollen sich für Verbrechen des kommunistischen China entschuldigen

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) begrüßt die "tief empfundene Entschuldigung" des japanischen Regierungschefs Junichiro Koizumi für die Kriegsgräuel der japanischen Armee 1937-45. Koizumi hatte Ende vergangener Woche auf dem Asien-Gipfel in Jakarta vor Spitzenpolitikern aus fast 100 Ländern erklärt, Japan habe durch seine koloniale Herrschaft und Aggression in Asien «enormen Schaden und Leid verursacht». In den von Japan besetzten Ländern waren 5 964 000 Menschen vernichtet worden.

 

In diesem Zusammenhang weist die GfbV jedoch darauf hin, dass die Kommunistische Partei Chinas unter Führung von Mao Zedong zwischen 1949 und 1976 für den Tod von 37 828 000 Bürgerinnen und Bürger verantwortlich ist. (Das nationalistische bürgerliche Regime unter Chiang Kai-shek soll 1921-1948 10 214 000 seiner Bürger vernichtet haben). Außerdem trägt die kommunistische chinesische Regierung Mitverantwortung für die Verbrechen der Roten Khmer, denen 2 035 000 Menschen zum Opfer gefallen sind.

 

Nach menschlichem Ermessen sind viele Täter und Mittäter von damals noch am Leben. Viele von ihnen werden noch immer politische Ämter ausüben. Nach Auffassung der GfbV wird die chinesische Regierung erst dann glaubwürdig sein, wenn sie sich beim chinesischen Volk entschuldigt, die Verbrechen eingesteht und sich zu einer entsprechenden Wiedergutmachung für die überlebenden Verwandten der Opfer entschließt.

 

Konsequenzen sollte eine solche Entschuldigung auch für Deutsche haben: Es wäre begrüßenswert, wenn die ehemaligen Funktionäre der inzwischen aufgelösten deutschen maoistischen Parteien, die heute zum Teil in verschiedenen Bereichen politische Verantwortung tragen, ihr damaliges Engagement für das Terrorregime in China bedauern, sich an der Vergangenheitsbewältigung beteiligen und zur Dokumentation dieser Massenvernichtungen beitragen.

 

Als Menschenrechtsorganisation für verfolgte ethnische und religiöse Gemeinschaften war und ist die GfbV seit ihrer Gründung 1968 mit Völkermord, Vertreibung und Massenvergewaltigung konfrontiert. Verdrängt, verleugnet oder ungesühnt wirken viele dieser Verbrechen aus der Vergangenheit in die Gegenwart fort und führen nicht selten zu neuen Verfolgungen. Um diesen Teufelskreis zu durchbrechen, setzt sich die GfbV für eine aufrichtige Vergangenheitsbewältigung ein. Dazu gehört nicht nur, dass der Opfer würdig gedacht wird. Es muss auch eine offizielle Entschuldigung geben. Die Länder, deren Regimes für Völkermord und Vertreibung verantwortlich waren, müssen ihre Schuld offiziell eingestehen. Die Verbrechen müssen dokumentiert, die Täter mit Namen genannt und zur Verantwortung gezogen werden.

 

Bereits Ende der 70er Jahre hat die GfbV als erste den Genozid an den Sinti und Roma unter dem Nationalsozialismus bekannt gemacht, den damaligen Bundeskanzler und Bundespräsidenten zur Anerkennung dieses Völkermordes bewegt und erste Wiedergutmachungslösungen durchgesetzt. Zehn Jahre später hat die GfbV mit großem Medienecho die Öffentlichkeit über die sowjetischen Konzentrations- und Internierungslager in der damaligen Sowjetischen Besatzungszone und späteren DDR informiert. Die Verbände der überlebenden Opfer und Angehörigen, die 1989/90 gerade im Entstehen waren, hat die GfbV bestärkt und unterstützt. Schließlich hat die Menschenrechtsarbeit der GfbV nicht unwesentlich dazu beigetragen, dass sich die Ministerin für Entwicklung und Zusammenarbeit, Heidemarie Wieczorek-Zeul, offiziell für den Genozid der Schutztruppe des damaligen Deutschen Reiches an den Herero und Nama 1904-1907 entschuldigt hat.

 

Angaben über Opferzahlen stammen aus dem "Lexikon der Völkermorde" von Gunnar Heinsohn (Hamburg 1999).