20.04.2005

Offener Brief an den Ministerpräsidenten von Niedersachsen Herrn Christian Wulff:Mutmaßliche tschetschenische Kriegsverbrecher an der Seite von Putin dürfen in Hannover nicht willkommen sein!

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,

am kommenden Sonntag wird Bundeskanzler Gerhard Schröder gemeinsam mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin die Hannover Messe eröffnen. Bei diesem Deutschlandbesuch lassen sich der deutsche Bundeskanzler und der russische Präsident von zwei mutmaßlichen Kriegsverbrechern begleiten: Der so genannte tschetschenische Präsident Alu Alchanow, durch Wahlfälschungen unter den Bajonetten der russischen Armee im August 2004 an die Macht gelangt, und der so genannte stellvertretende Regierungschef Ramsan Kadyrow wollen anlässlich ihres Besuches bei der Hannover Messe Gespräche über deutsche humanitäre Hilfe in dem Krisengebiet führen.

 

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) wirft beiden tschetschenischen Politikern schwere Menschenrechtsverletzungen vor, die sie im Interesse der russischen Besatzungsmacht an ihren tschetschenischen Landsleuten verübt haben. Kadyrow unterhält eine eigene Leibgarde, die inzwischen für etwa 70 Prozent der vielen Morde, Vergewaltigungen und Entführungen tschetschenischer Kinder, Frauen und Männer verantwortlich ist. In geheim gehaltenen Lagern werden täglich Menschen gefoltert. Seit 1994 wurden bisher etwa 200.000 Menschen Opfer der russischen Okkupation.

 

Führende Sozialdemokraten hatten während des ersten Tschetschenienkrieges (1994-1996) der Regierung Kohl/Kinkel vorgeworfen, Mitschuld an dem Völkermord in Tschetschenien zu tragen (damals bereits 80.000 Tote), weil sie zu den Verbrechen geschwiegen hätten. Heute identifiziert sich der Bundeskanzler aber durch die enge militärische und geheimdienstliche Kooperation offensichtlich mit der Kriegsführung in Tschetschenien. Deshalb muss er für die furchtbaren Menschenrechtsverletzungen dort mitverantwortlich gemacht werden. Wie weit diese Zusammenarbeit reicht, zeigt der Besuch der beiden mutmaßlichen Kriegsverbrecher in Hannover an der Seite des Bundeskanzlers. Dabei hatte Schröder noch am 12.12.2004 den Medien versichert, er plane gemeinsam mit Putin eine Zusammenarbeit bei der Lösung des Tschetschenienkonflikts. Wenn dieses seine Lösung ist, leistet er dem Genozid Vorschub.

 

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, die GfbV bittet Sie, der Öffentlichkeit sehr deutlich zu machen, dass die Herren Alchanow und Kadyrow in Niedersachsen nicht willkommen sind.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Tilman Zülch

Generalsekretär