07.12.2006

Novaja Zemlja

ATOMTESTGEBIET

Novaja Zemlja wird von zwei Inseln gebildet, die sich über 900 Kilometer Länge von Norden nach Süden erstrecken. Mit 82.000 Quadratkilometern ist es rund doppelt so groß wie Dänemark. Die Inseln sind sehr gebirgig und noch gibt es viele Gletscher. Rund 100 Ureinwohner vom Volk der Nenzen leben dort noch immer vom Fischfang und der Jagd.

Die Hälfte aller radioaktiv verseuchten Abfälle lagern hier. Auf den beiden Inseln Novaja Zemlja in der russischen Arktis befindet sich darüber hinaus das einzige verbliebene Atomtestzentrum Russlands. Das Atomtestgebiet in der Barentssee gilt als hochgradig gefährdet durch radioaktive Strahlung, die von Atommüll ausgeht, der nur unzureichend gesichert ist.

Erst im Juli 2006 bekräftigte der russische Verteidigungsminister Sergei Ivanov, dass das Atomtestgelände noch immer arbeitsfähig ist und jederzeit die Atomtests wieder aufgenommen werden können. Noch im Jahr 2000 hatte Russland in dem Testgebiet unterirdische Atomtests durchgeführt, deren geringe Sprengkraft unterhalb der im "Umfassenden Atomteststopp-Vertrag (vorgesehenen Verbotsgrenzen) lag. Auch 1998 und 1999 hatten dort insgesamt mehr als fünf Nuklearversuche stattgefunden.

Rund 91 Atomtests wurden von Novaja Zemlja aus in der Atmosphäre über dem Land oder über dem Meer zwischen 1955 und 1990 vorgenommen, 39 Mal wurden dort größere Atomsprengsätze unterirdisch gezündet. Da Novaja Zemlja noch immer Sperrgebiet ist und es nur selten ausländischen Journalisten und Wissenschaftlern gelingt, dorthin einzureisen, gibt es nur wenige Informationen über eine mögliche Verstrahlung der Inseln. Bekannt ist, dass bei drei unterirdischen Tests in den Jahren 1969, 1973 und 1987 Radioaktivität an die Oberfläche ausstrahlte.

Erschreckend sind auch die Berichte ehemaliger sowjetischer Soldaten, die in dem Testzentrum gearbeitet haben. Unter Bruch ihrer Geheimhaltungspflicht berichteten sie Journalisten über eine dramatische Zahl von Krebserkrankungen und Todesfällen unter ehemaligen Mitarbeitern des Testzentrums. Diese ehemaligen Soldaten erhalten von staatlicher Seite keine Hilfe bei der Vermittlung wirksamer medizinischer Betreuung und bei der Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen, obwohl ihre Erkrankung ganz eindeutig auf ihre Tätigkeit auf Novaja Zemlja zurückgeht. Man verweigert ihnen sogar die Einsicht in ihre eigenen medizinischen Unterlagen, die vom russischen Militär als Staatsgeheimnis gehütet werden.

Wenn bereits Soldaten, die für begrenzte Zeit auf Novaja Zemlja stationiert waren, unter massiven medizinischen Folgen radioaktiver Strahlung leiden, dann dürften die dauerhaft in der Region lebenden Nenzen noch stärker von den Folgen der Verseuchung betroffen sein.

Minister Ivanov besuchte im Juli 2006 zum zweiten Mal das Atomtestzentrum, um sich über den Fortgang der Modernisierung des russischen Atomarsenals zu informieren.

Fischer in Norwegen reagierten mit Besorgnis auf seine Ankündigung, die Atomtests eventuell wieder aufzunehmen. Sie fürchten eine radioaktive Verseuchung der fischreichen Gewässer. Russlands Verteidigungsminister will von solchen Bedenken nichts hören und erklärte, die radioaktive Verseuchung auf Novaja Zemlja sei geringer als in vielen russischen Städten.