13.01.2015

Nigeria braucht mehr Hilfe gegen Boko Haram – Schuldzuweisungen an Europa lenken von eigenem Versagen ab

Boko Haram ist ernste Bedrohung für den Frieden in Westafrika

© UNHCR / D. Mbaoirem

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) fordert mehr internationale Hilfe für den Kampf gegen die Terrorgruppe Boko Haram in Nigeria und Kamerun. „Die internationale Gemeinschaft muss endlich aufwachen und erkennen, dass Boko Haram brandgefährlich ist, statt den beschönigenden Erklärungen nigerianischer Politiker zu vertrauen. Dringend muss eine Sicherheitskonferenz einberufen werden, um die Kooperation im Kampf gegen Boko Haram zu verbessern“, erklärte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Dienstag in Göttingen. „Wenn der bevölkerungsreichste und wirtschaftlich stärkste Staat Afrikas, der jahrelang UN-Friedenstruppen in aller Welt stellte, 70.000 Hektar Land an ein Kalifat verliert, dann müssen in Europa die Alarmglocken schrillen. Die islamistischen Kämpfer sind mit schweren Waffen, Sprengstoff, Geländewagen, Motorrädern und Panzern bestens ausgerüstet. Ihre Kassen sind durch Dutzende Banküberfälle prall gefüllt. Sie kontrollieren bereits eine Fläche größer als die Benelux-Staaten und destabilisieren nach Nord-Nigeria nun auch den Kamerun.“

Da Boko Haram Verbrechen gegen die Menschlichkeit begeht und Nigeria im Kampf gegen die Terrorbewegung versagt, bestehe eine Schutzverantwortung der internationalen Gemeinschaft für die Zivilbevölkerung, betonte der Menschenrechtler. „Christen und Muslime leiden in Nigeria gleichermaßen unter dem Terror der islamistischen Kämpfer, für die Religion nur ein Vorwand für kriminelle Machenschaften und den Machtkampf mit dem verhassten Staat ist. Eine Intervention von Friedenstruppen steht nicht zur Diskussion, aber Nigeria und Kamerun brauchen dringend mehr Kooperation und technische Unterstützung.“ Die wegen Grenzstreitigkeiten verfeindeten Staaten müssen endlich miteinander kooperieren, um die Gefahr wirksam einzudämmen. Seit dem 1. Januar starben in Kamerun 185 Menschen bei Kämpfen mit Boko Haram. Die Regierung Kameruns kündigte daraufhin an, 20.000 neue Soldaten zu bewaffnen.

Nachdrücklich wies die GfbV die zunehmende Kritik nigerianischer Politiker, die USA und Europa unterstützten sie nicht ausreichend, zurück. „Nigerias Politiker sind selbst dafür verantwortlich, dass nicht mehr Hilfe geleistet wurde, weil sie seit Monaten die dramatische Lage schönreden, um die Präsidentschaftswahlen im Februar 2015 zu gewinnen.“ Angebotene Ausbildungshilfe der USA wurde nicht abgerufen. Andere Kooperationen mussten eingestellt werden, weil kein Vertrauen zur Armee besteht, da geheime Informationen von Soldaten an Boko Haram weitergegeben wurden.

„Wer Nigerias bedrohte Demokratie stärken will, muss gute Regierungsführung und Menschenrechte aktiver einfordern. Denn ein Staat, der nicht glaubwürdig ist, wird Boko Haram nicht eindämmen können.“


Ulrich Delius, der Afrikareferent der Gesellschaft für bedrohte Völker, ist erreichbar unter Tel. 0551 49906 27 oder afrika@gfbv.de.


Header Foto: UNHCR / D. Mbaoirem