21.07.2008

Nicht länger zögern: Iraks Christen endlich Zuflucht gewähren - Terrorverdacht gegen Irakflüchtlinge als "bösartige Unterstellung" bezeichnet

Innenminister streiten über Aufnahme von Flüchtlingen aus dem Irak


Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat dem niedersächsichen Innenminister Uwe Schünemann (CDU) am Montag schwere Vorwürfe gemacht, weil er einer möglichen Aufnahme von christlichen Flüchtlingen aus dem Irak in Deutschland aus "Gründen der inneren Sicherheit" skeptisch gegenüber steht. "Diese schutzbedürftigen, Hilfe suchenden Menschen jetzt als mögliche Terroristen abzustempeln, ist eine bösartige Unterstellung", kritisierte der Generalsekretär der Menschenrechtsorganisation, Tilman Zülch. "Christen im Irak wurden ermordet, gekreuzigt, enthauptet, vergewaltigt, zwangsislamisiert, gekidnappt oder sie verschwanden für immer. Über 40 ihrer Kirchen wurden zerstört, auf ihre Schulen, Geschäfte und Institutionen wurden Bombenanschläge verübt. Sie jetzt in die Nähe von Terroristen zu rücken, obwohl sie nicht einmal einen einzigen Stein gegen ihre Verfolger geworfen haben, ist empörend und unbarmherzig."

 

Schünemann hatte die geplante Aufnahme von irakischen Flüchtlingen in einem Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung "auch aus Gründen der inneren Sicherheit" für problematisch erklärt und hinzugefügt, "im Irak seien Terroristen am Werk", die einen legalen Transfer nach Deutschland dazu nutzen könnten, "ihre Leute bei uns einzuschleusen".

 

Zülch appellierte zum wiederholten Mal an alle Innenminister der Länder, dem Vorschlag von Bundesinnenminister Schäuble zu folgen und einem Kontingent von christlichen Flüchtlingen in Deutschland Zuflucht zu gewähren. Ein großer Teil der Assyro-Chaldäer sieht nach 2000 Jahren christlicher Präsenz keine Zukunft mehr im Irak. "Das müssen wir erkennen und akzeptieren."

 

Gleichzeitig begrüßte der Menschenrechtler jedoch auch die Forderung des bayerischen Innenministers Joachim Herrmann, den Nordirak mit humanitärer Hilfe zu unterstützen, damit sich die dorthin geflüchteten Christen eine Zukunft aufbauen könnten. Im Nordirak und in angrenzenden Regionen lebten inzwischen rund 120.000 Christen.

 

Die GfbV hat die Verfolgung der Assyro-Chaldäer im mittleren und südlichen Irak seit 2003 dokumentiert und dann eine bundesweite Kampagne für die Aufnahme der Flüchtlinge begonnen. So hieß es z.B. am 20. Juni 2007 zum Weltflüchtlingstag: "Wir fordern, dass Deutschland, aber auch die größeren europäischen Nachbarländer je 30.000 Christen aus dem Irak aufnehmen!" Es sei vorgezeichnet, dass sich irakische Christen in europäischen Ländern schnell integrieren. Die bisherige Eingliederung der etwa 80.000 Flüchtlinge dieser ethnisch-religiösen Gemeinschaft in Deutschland in den letzten 30 Jahren sei eine ausgesprochene Erfolgsgeschichte.