11.11.2010

Nach den Bombenanschlägen auf christliche Wohngebiete in Bagdad wird Aufnahme von Verletzten gefordert

Irak:


Nach den gestrigen Bombenanschlägen auf christliche Wohngebiete in der irakischen Hauptstadt Bagdad wandte sich die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) am Donnerstag an die deutsche Bundesregierung mit der Bitte, die bei den letzten Terroranschlägen verletzten irakischen Christen in Deutschland medizinisch zu betreuen. Die französische Regierung hat bereits die ersten 34 Verletzten aus dem Irak aufgenommen. "Bitte folgen Sie dem französischen Beispiel", heißt es in einem Schreiben des Präsidenten der GfbV-International, Tilman Zülch, an die deutsche Bundeskanzlerin.

 

Gestern explodierten elf Sprengsätze innerhalb einer Stunde in den vor allem von Christen bewohnten Bezirken Bagdads. Dabei kamen erneut fünf Menschen ums Leben und mehr als 20 wurden verwundet. So setzt sich die Serie der Gewalt im Irak gegen Christen fort: Bereits am Dienstagabend wurden ähnliche Anschläge gegen drei von dieser Minderheit bewohnte Häuser im Westen der irakischen Hauptstadt verübt. Am 31. Oktober kam es zu einem verheerenden Blutbad in einer syrisch-katholischen Kirche in Bagdad. Sprecher der christlichen Assyrer-Chaldäer-Aramäer im Irak nahmen die Anschläge zum Anlass, erneut eine autonom verwaltete Region für ihr Volk in der Niniveh-Ebene im Osten der Provinz Mosul im Norden des Landes zu fordern. Dort bilden Christen, Shabak, Yeziden und muslimische Kurden die Mehrheit der Bevölkerung. Die Gesellschaft für bedrohte Völker unterstützt diesen Appell des Volksrates der Assyrer-Chaldäer-Aramäer.

 

Die fortgesetzte brutale Gewalt gegen Christen im Irak verdeutlicht, dass ein ausreichender Schutz der Minderheiten außerhalb der autonomen Region Kurdistan und außerhalb der von ihren Milizen geschützten angrenzenden Niniveh-Ebene ein christliches Leben in Sicherheit nicht mehr möglich scheint. Nur im autonomen Bundesstaat Kurdistan genießen irakische Christen Glaubensfreiheit und Nationalitätenrechte. Allein aus der Fünf-Millionen-Metropole Bagdad sind nach GfbV-Recherchen seit 2003 mehr als drei Viertel der dort ansässigen rund 400.000 Christen geflohen. Viele der Zurückgebliebenen wagen es kaum noch, einen Gottesdienst zu besuchen oder ihre Kinder auf eine christliche Schule zu schicken, weil sie ständig terroristische Attentate befürchten müssen.

 

Die GfbV, die mit einer Sektion mit einem Büro in Irakisch-Kurdistan vertreten ist, führt seit Jahren eine "Chronik der Gewalt" an Christen und Minderheitenangehörigen im Irak. Diese laufend aktualisierte Chronik kann bei der GfbV per E-Mail an nahost@gfbv.de angefordert werden.

 

Für Nachfragen steht der GfbV-Nahostreferent Kamal Sido zur Verfügung unter Tel. 0551-49906-18.

 

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