24.06.2009
Moskau ruft mit Ramzan Kadyrow mutmaßlichen Kriegsverbrecher zur Hilfe<br>Menschenrechtsverletzungen drohen zuzunehmen
Nach Mordanschlag auf Präsident Junus-Bek Jewkurow
Der tschetschenische Präsident Ramzan Kadyrow soll nach dem Willen
Moskaus "Spezialoperationen im Kampf gegen inguschetische Rebellen"
durchführen. Diesen Auftrag habe er vom russischen Präsidenten Dmitri
Medwedew erhalten, hat Kadyrow bereits am Dienstag bekannt gegeben.
Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) befürchtet, dass unter dem
Kommando dieses mutmaßlichen Kriegsverbrechers Menschenrechtsverletzungen und Gewalt in Inguschetien noch zunehmen
werden. "Während der inguschetische Präsident Junus-Bek Jewkurow
versucht hat, der Gewalt in seiner Republik unter Einhaltung
rechtsstaatlicher Prinzipien Herr zu werden, ist Kadyrow dafür bekannt, dass
er Folter, Verschwindenlassen und Ermordungen auch von Zivilisten für die
richtigen Methoden im Kampf gegen Terroristen hält. Für dieses Vorgehen
hat er nun nochmals den Segen Moskaus erhalten", kritisierte die GfbV-
Referentin für die GUS-Staaten, Sarah Reinke, am Mittwoch. Die GfbV hatte
die schweren Menschenrechtsverletzungen, die die Truppen von Kadyrow in
Tschetschenien seit seiner Zeit als Chef des Sicherheitsdienstes seines
Vaters Achmad Kadyrow und während seiner Präsidentschaft seit 2007
begangen haben, dokumentiert. Ein Großteil der tschetschenischen
Bevölkerung leidet bis heute unter der Willkür von Kadyrow.
Inguschetische und tschetschenische Sicherheitskräfte führten schon seit
dem 16. Mai 2009 gemeinsame Operationen in Inguschetien aus. Von
diesem Zeitpunkt an hätten die Menschenrechtsverletzungen in
Inguschetien deutlich zugenommen, sagte Reinke. Als Beispiel aus jüngster
Zeit führe die russische Menschenrechtsorganisation Memorial den Fall des
am 15. Juni verschleppten Jusup Muzolgow an. "Ich musste mich an die
Wand stellen und sie begannen auf mich einzuschlagen. Sie fragten nach
Verbindungen zu Kämpfern, wo Waffen versteckt seien etc. Ich sagte, dass
ich nichts darüber wüsste. Sie klebten mir den Mund zu, banden Draht um
meine Zehen und schlugen mit Stöcken auf mich ein. Sie schlugen mich
dann mit einer Eisenstange, versuchten mir die Hose herunter zu ziehen
und beschimpften meine Heimat. Sie drohten mich umzubringen, wie sie
meinen Bruder Rustam umgebracht hätten. Nach ungefähr drei Stunden
beendeten sie die Folter und ließen mich wieder frei." Muzolgow betont,
dass er unter keinen Umständen zu den Kämpfern gehen und an
ungesetzlichen Aktionen teilnehmen wolle.