14.03.2016

Menschenrechtsreport Nr. 80: Zwei Jahre Annexion der Krim

Krimtatarische und ukrainische Identität wird verdrängt

Die Krimtataren leiden unter systematischer Diskriminierung und Schikane. Die Krim soll rein russisch werden. Alles, was dieses Bild stört, wird verfolgt, so der Eindruck nach dem zweiten Jahr der Annexion. © servetdemir2014 via iStock

Vor zwei Jahren, im Februar und März 2014, haben pro-russische Kräfte die Macht auf der Krim übernommen. In der Folge wurde die Halbinsel von Russland annektiert. Heute ist sie nach russischer Lesart ein Teil der Russischen Föderation, die Ukraine betrachtet die Halbinsel als besetztes Gebiet. Von der internationalen Politik wird die Annexion als völkerrechtswidrig verurteilt und war ein Grund für die Sanktionen der EU und der Vereinigten Staaten gegen die Russische Föderation. Der Bevölkerung wurden russische Pässe ausgestellt, es sei denn, die Bürger hatten sich bewusst dagegen entschieden. Die Halbinsel ist weitgehend isoliert, weil der offizielle Zugang nur noch über Russland möglich ist. Während des ersten Jahres nach der Annexion begingen die neuen prorussischen Behörden, so genannte Selbstverteidigungskräfte, russische Soldaten und Geheimdienstmitarbeiter schwere Menschenrechtsverletzungen. Die internationale Aufmerksamkeit richtete sich trotzdem notgedrungen auf das Kriegsgebiet im Osten der Ukraine. Doch auch im zweiten Jahr der Annexion beobachten Menschenrechtsverteidiger weiter zahlreiche Verhaftungen, Fälle von Verschwindenlassen, Hausdurchsuchungen und Verstöße gegen die Rechte der Krimtataren. Ukrainer, kritische Journalisten und alle, die einer anderen Glaubensrichtung als jener der russischorthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats folgen, sind mit vielfältigen Problemen konfrontiert. Es geht den Machthabern darum, die Krim russisch zu machen. Alles, was an die Ukraine erinnert, die Flagge, die Literatur, Namen, aber auch alles, was als Krimtatarisch angesehen wird – Symbole, Flur- und Ortsnamen aber auch die Repräsentanten der indigenen Minderheit, werden verdrängt, verfolgt, missachtet und systematisch diskriminiert.

Auch das zweite Jahr unter russischer Verwaltung war auf der Krim von schweren Einschnitten in Bürgerrechte, Menschenrechte und die Rechte des indigenen Volkes der Krim, die Krimtataren, geprägt. Die pro-russischen Behörden, unterstützt von aus Russland stammenden Polizisten, Juristen, Geheimdienstmitarbeitern, versuchten rigide ihre Vorstellung davon durchzusetzen, wie ein Staat funktionieren soll und sie versuchten vor allem ihre Macht zu festigen und auszubauen. Das bedeutete die Zerschlagung der Medienlandschaft auf der Krim. Seit dem 1. April 2015 sind die Medien mit wenigen Ausnahmen gleichgeschaltet, bzw. auf den Kurs der Regierung eingeschworen. Das bedeutete auch starke Eingriffe in die Versammlungsfreiheit. Die Versammlungen zu den traditionellen Gedenktagen der Krimtataren waren schon von vornherein verboten worden aber auch einzelne kleine Demonstrationen von zwei oder drei Personen sowie auch Einzelproteste wurden schnell beendet, die Protestierenden befragt, festgenommen, teils verurteilt. Andersdenkende, Andersgläubige und Ukrainer, die die Zugehörigkeit zur Ukraine nach außen tragen, werden verfolgt. Die Krimtataren leiden unter systematischer Diskriminierung und Schikane. Die Krim soll rein -russisch werden, alles, was dieses Bild stört, wird verfolgt, so der Eindruck nach dem zweiten Jahr der Annexion.

Das zweite Jahr der Annexion war aber auch geprägt vom ungebrochenen Widerstandsgeist der Krimtataren. Ihnen gelang es im Herbst 2015 die Zugangsstraßen auf die Krim für LKWs zu sperren. Sie machten so darauf aufmerksam, dass einerseits ukrainische Geschäftsleute mit den Machthabern auf der Krim Geschäfte machten und andererseits Russland entgegen der eigenen Versprechen nicht in der Lage ist, die Halbinsel gut zu versorgen. Diese „Bürgerblockade“ rief als Gegenreaktion weitere Schikanen hervor, die bis zur angedrohten Schließung des Medschlis reichen.

Daher darf die Krim nicht immer wieder von der Tagesordnung der internationalen Politik und auch der Medien verschwinden. Die völkerrechtswidrige Annexion darf genauso wenig akzeptiert werden wie die schweren Menschenrechtsverletzungen.

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