03.09.2010

Massai wehren sich gegen Vertreibung durch Großwildjäger

Tansania:

Massai-Kind (Foto: Hartmut Heller/GfbV)

Im April 2010 demonstrierten in Tansania tausende Massai-Frauen in der Provinzhauptstadt Ngorongo gegen ihre Vertreibung und Landraub. Dutzende Demonstrantinnen wurden festgenommen, hunderte Frauen gewaltsam auf Lastwagen abtransportiert. Die Massai sind wütend, wurden sie doch nicht zum ersten Mal gezwungen, ihr Land zu verlassen. Immer mehr Land wird National- oder Wildparks zugeschlagen oder für große Landwirtschaftsprojekte in Anspruch genommen. Zwar stellen die Halbnomaden rund zehn Prozent der Bevölkerung Tansanias, doch der Staat missachtet immer wieder die Rechte der Massai, Barabaig, Taturu und Sukuma. Beliebt sind die Massai lediglich für die Touristenwerbung.

Tourismus ist für viele Massai zum Fluch geworden.

Als der Serengeti-Nationalpark 1951 im Norden Tansanias gegründet wurde, schaffte man die auf dem Land traditionell lebenden Halbnomaden kurzerhand aus dem Park heraus in die benachbarte Region Loliondo. Die vom Fleisch ihrer Schafe und Ziegen sowie von der gelegentlichen Jagd lebenden Massai wurden von den Nationalpark-Betreibern als Gefahr für den Wildtierbestand in der Serengeti angesehen. Jetzt wurde sie von den Großwildjägern sogar genötigt aus ihrem Ausweichquartier im Loliondo-Wildpark zu verschwinden. Pächter der Jagdkonzession in dem Wildpark ist das Unternehmen Ortello Business Corporation (OBC) aus den Vereinten Arabischen Emiraten. Eigentümer der Firma ist die Familie des Scheichs der Emirate. Im Jahr 1992 pachtete die OBC das Land in Loliondo. In den folgenden Jahren schränkten die Jagdpächter die Bewegungsfreiheit der Massai immer mehr ein. Schließlich eskalierte der Konflikt im Juli 2009. Das arabische Unternehmen ließ mehr als 3.000 Massai gewaltsam aus dem Wildpark vertreiben und rund 200 ihrer Hütten niederbrennen, um eine Rückkehr der Halbnomaden zu verhindern.

Ihre Vertreibung wollen sie nicht tatenlos hinnehmen, denn für die Massai ist es eine Frage des Überlebens, neue Weidegründe zu finden. Verzweifelt sind die Halbnomaden auf der Suche nach neuem Weideland für ihre 50.000 Ziegen und Rinder. Ihre Viehherden wurden in den letzten Jahren bereits durch große Dürren dezimiert, die aufgrund des Klimawandels immer öfter Ostafrika heimsuchen.

Die Lage der Massai wird immer dramatischer.

Die Zersiedelung des Landes und die Einrichtung immer neuer Wild- und Nationalparks macht es den Ureinwohner immer schwerer, ihr traditionelles Leben fortzuführen. So hat Tansania über 130 Jagdkonzessionen für ein Gebiet von mehr als 250.000 Quadratkilometer, rund ein Viertel der Fläche des Landes, bereits vergeben. Die vielen tausend Großwildjäger aus dem Ausland lassen sich ihr Hobby einiges kosten. Mindestens 49.000 US-Dollars kostet eine dreiwöchige Löwen- oder Elefantenjagd in Ostafrika. Nach Regierungsangaben belaufen sich die Einnahmen aus dem Jagdtourismus jährlich auf rund 80 Millionen US-Dollar. Eine wichtige Geldquelle für den Staat, die nicht aufgrund der Landansprüche der Halbnomaden versiegen soll. Immer wieder schützen die Behörden deshalb auch falsche Tatsachen vor. So behaupten sie nach den Verhaftungen bei den Demonstrationen im April 2010, die betroffenen Massai stammten gar nicht aus Tansania, sondern aus dem Nachbarland Kenia. Doch die Proteste im Land wurden so stark, dass sogar das Parlament eine Untersuchungskommission entsenden musste.

In den vergangenen Monaten hat sich eine breite Koalition von Massai-Aktivisten, Bürgerrechtlern, Umweltschützern, Frauenverbänden, kirchlichen Organisationen aller Konfessionen, Journalisten und Juristen gebildet, die gemeinsam die Regierung auffordern, die im Dezember 2009 ausgelaufene Jagdkonzession der OBC für den Loliondo-Wildpark nicht mehr zu verlängern und so die Rückkehr der Massai zu ermöglichen.

Bitte appellieren Sie an die zuständige Ministerin, Frau Shamsa Mwangunga, für Tourismus, die Landrechte der Massai zu achten und die Vertreibung der Massai aus Loliondo rückgängig zu machen.

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