12.03.2010

Marokko: Kein Wüstenstrom aus der besetzten Westsahara!

Online-Appell an Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle

Solaranlage in der Wüste (Foto: mikebaird)

Göttingen
Im Jahr 2050 sollen 15 Prozent des europäischen Strombedarfs mit Importen aus Nordafrika gedeckt werden. Im Rahmen der "Desertec", einer Initiative mehrerer Unternehmen für eine nachhaltige Stromversorgung bis 2050, sollen riesige Solarkraftwerke in der Wüste die Stromversorgung Europas verstärken. Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle versprach der Desertec-Initiative am 8. März 2010 finanzielle Förderung des Bundes. Der deutsche Rückversicherungskonzern "Münchener Rück", eines der führenden Unternehmen in Desertec, gewann im Februar 2010 die frühere österreichische EU-Kommissarin Benita Ferrero-Waldner als neues Aufsichtsratsmitglied. So erhofft das Desertec-Konsortium auch von der Europäischen Union großzügige finanzielle Unterstützung für das 400 Milliarden Euro teure Projekt.

Im Juli 2009 wurde von der Desertec-Initiative für die zügige Umsetzung des Wüstenstromprojekts die Desertec Industrial Initiative Planungsgesellschaft (DII) gegründet. Bald soll nun das Pilotprojekt entstehen und zwar in Marokko, erklärte im Februar 2010 der Geschäftsführer von DII, Paul van Son. Das Konsortium führte bereits Gespräche mit der marokkanischen Energieministerin Amina Benkhadra. Der Standort des geplanten Solarkraftwerks in Marokko ist bisher unklar. Sicher ist, dass das Projekt in Küstennähe gebaut werden soll, erklärte van Son. Da die meisten Küstenflächen in Marokko bereits bebaut sind oder wirtschaftlich genutzt werden, ist es wahrscheinlich, dass das Sonnenkraftwerk in der von Marokko völkerrechtswidrig besetzten Westsahara errichtet werden soll. Dort gibt es auch in Küstennähe noch große brachliegende Flächen.

Marokkos Regierung kündigte im November 2009 an, bis zum Jahr 2020 an fünf Standorten im Land Solarkraftwerke zu bauen. Zwei der Standorte liegen in der Westsahara, in El Aiun und am Cap Boujdour. Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem französischen Umweltminister pries die marokkanische Energieministerin Amina Ben Khadra am 11. März 2010 in Paris die ehrgeizige Förderung der Sonnenergie in Marokko und sprach sich für eine Energie-Kooperation mit Europa aus.

Die Förderung des Desertec-Projektes würde damit zu einem Bruch in der bisherigen Marokko-Außenpolitik Deutschlands führen. Bislang hat das Auswärtige Amt in Berlin stets Wert darauf gelegt, dass keine Projekte in der von Marokko kontrollierten Westsahara mit deutschen Steuergeldern gefördert werden. Man wollte nicht den Anschein erwecken, dass Deutschland die völkerrechtswidrige Einverleibung der Westsahara durch Marokko international anerkennt. Die Besetzung und Annektierung der Westsahara verstößt klar gegen die Prinzipien des Völkerrechts. Zehntausende Marokkaner hatten auf Betreiben des Königreichs im Rahmen des "Grünen Marsches" im Jahr 1975 die Westsahara besetzt. Ein Jahr später annektierte Marokko trotz internationaler Proteste die ehemalige spanische Kolonie, die sich zuvor zum unabhängigen Staat Demokratische Republik Sahara erklärt hatte.

Zur Beilegung des Westsahara-Konflikts beschloss der Weltsicherheitsrat der Vereinten Nationen am 19. April 1991 die Resolution 690, die ein detailliertes Programm zur Durchführung eines freien und gerechten Referendums und die Aufstellung der UNO-Blauhelmtruppe MINURSO enthielt. Der Plan sieht die Organisation einer Volksabstimmung in der Westsahara vor, um über die Zukunft der ehemaligen spanischen Kolonie zu entscheiden. Seither wird der Friedensprozess von Marokko blockiert: Es gibt Probleme bei der Identifizierung der Menschen, die zur Abstimmung berechtigt sein sollen. Marokko hat immer wieder versucht neue Wählergruppen zu benennen, die weit über das hinaus gingen, was die Registrierungsmission der Vereinten Nationen festgestellt hat. Außerdem sind infolge der marokkanischen Schreckensherrschaft mehr als 160.000 ursprüngliche Bewohner der Westsahara geflüchtet. Sie suchten Zuflucht in der algerischen Grenzstadt Tindouf, wo sie seither als Flüchtlinge leben. Mit Entführungen, willkürlichen Verhaftungen, Misshandlungen und Folter von Gefangenen, der systematischen Unterdrückung der Meinungs-, Presse- und Versammlungsfreiheit versuchen die marokkanischen Behörden, gewaltsam ihre Kontrolle über die Sahauris durchzusetzen.

Bitte appellieren Sie an Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle sicherzustellen, dass kein Solarkraftwerk mit deutschen Fördermitteln in der völkerrechtswidrig besetzten Westsahara errichtet wird.

 

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