21.03.2010

"Märchenstunde" beim Diktator: Bashir verschleiert Hintergründe des Genozids im Westsudan

Sudans Präsident räumt in "Spiegel"-Interview Verbrechen in Darfur ein

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) bezeichnet die jüngsten Behauptungen des sudanesischen Präsidenten Omar Hassan al-Bashir zum Völkermord in Darfur als "grob irreführend" und "verharmlosend". In einem morgen im "Spiegel" erscheinenden Interview macht Bashir eine "ausländische Verschwörung" für den Aufstand im Westen des Landes verantwortlich. Seine Regierung sei nur für die Achtung der Gesetze eingetreten. Vorwürfe des Völkermordes oder der Verbrechen gegen die Menschlichkeit seien "haltlos". Er räumte jedoch erstmals öffentlich ein, dass es "schreckliche Verbrechen" gegeben habe.

 

"Drei Wochen vor den landesweiten Wahlen im Sudan will sich Bashir reinwaschen", kritisierte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Sonntag. Seit Wochen bemühe sich der Diktator, der steckbrieflich vom Internationalen Strafgerichtshof gesucht wird, um ein besseres internationales Image. So schloss er Frieden mit dem Tschad und Waffenstillstand mit der JEM, der bedeutendsten Freiheitsbewegung in Darfur.

 

"Während Bashir mit Medien Märchenstunden hält, legalisiert er in seinem Land zugleich den Völkermord und seine Folgen." So sollen 2,7 Millionen Vertriebene aus Darfur nicht mehr in ihre Heimat zurückkehren dürfen, sondern in der Nähe größerer Städte dauerhaft angesiedelt werden. "Sudans Regierung verhöhnt die Opfer des Genozids, wenn sie die Vertreibungen als in Afrika normales Phänomen der Landflucht bezeichnet", sagte Delius.

 

"Mehr als 4.500 Dörfer in Darfur wurden auf Anweisung und oft unter Anleitung der sudanesischen Armee systematisch von Janjawid-Milizen zerstört. Die Milizen wurden von regulären Soldaten bewaffnet. Sie ermordeten oder vertrieben die Dorfbewohner, vergifteten ihr Trinkwasser, töten oder beschlagnahmten ihr Vieh." Mehr als 400.000 Menschen seien wahrscheinlich bei dem Genozid seit Februar 2003 zu Tode gekommen. Die Zahl der Opfer könne noch nicht endgültig bestimmt werden, da die sudanesischen Behörden jede unabhängige Untersuchung verhinderten.

 

"Es ist ein gezielter Krieg gegen die Zivilbevölkerung, der jegliche Grenzen normaler Aufstandsbekämpfung missachtet." Die Ursachen des Konflikts sind hausgemacht. Seit mehr als 15 Jahren klagen die Menschen in Darfur über die Vernachlässigung ihrer Region. Als alle Klagen in Khartum ignoriert wurden, griffen sie zu den Waffen. "Bashir macht es sich zu einfach, wenn er das Ausland für die Revolte in Darfur verantwortlich macht." Statt sich für die "Einhaltung der Gesetze" in der umkämpften Region einzusetzen, wie Bashir behauptet, trete er auch sudanesisches Recht mit Füßen. So lasse er systematisch Helfer behindern sowie Menschenrechtler und Journalisten in Darfur einschüchtern und verhaften.

 

Ulrich Delius ist zu erreichen unter afrika@gfbv.de..