18.06.2010

Letztem intakten Regenwaldgebiet droht Zerstörung durch Mega-Landwirtschaftsprojekt

Indonesien:

Angehörige der Anggruk - einer ethnischen Minderheit in Indonesien

Die Regierung Indonesiens plant in Merauke, im Südosten der Provinz Papua, ein riesiges Landwirtschaftsprojekt. Das letzte intakte Regenwaldgebiet Indonesiens soll dem Merauke Integrated Food and Energy Estate (MIFEE) Projekt weichen. Für das MIFEE soll eine gigantische Fläche von über 16.000 km² - dies ist vergleichbar mit der Größe Thüringens –sowohl an einheimische als auch an internationale Investoren verpachtet werden. Diese werden die Flächen vor allem für den Anbau von Reis, Mais, Zuckerrohr und Soja, aber auch als Weideland und Palmöl-Plantagen nutzen. Das hoch angepriesene Projekt soll Arbeitsplätze schaffen, die Selbstversorgung Indonesiens sichern und die verarmte Region durch Großinvestoren beleben. Das Projekt geht auf Kosten der indigenen Bevölkerung West Papuas. Für sie bedeutet die Realisierung des Projektes Enteignung, Vertreibung, kulturelle Entwurzelung und Marginalisierung.

Traditionell befinden sich diese Gebiete seit Jahrhunderten im Besitz indigener Familien oder Dörfer. AMAN (Aliansi Masyarakat Adat Nusantara), der bedeutendste Zusammenschluss indigener Völker Indonesiens, betont vor dem Permanenten Forum für indigene Angelegenheiten der Vereinten Nationen (PFII), dass es zu einer systematischen Vertreibung der einheimischen Papua kommen wird. Die Indigenen sind jedoch auf den Regenwald als Lebensgrundlage angewiesen. Die Bewirtschaftung eines Projektes solchen Ausmaßes wird außerdem eine massive Ansiedlung von Arbeitskräften aus anderen Teilen Indonesiens nach sich ziehen. NGOs befürchten, dass bis zu sechs Millionen Arbeiter in West-Papua für das Projekt benötigt werden und somit die Bevölkerung von bisher 4,6 Millionen dramatisch ansteigen wird. Allein die Bevölkerung der Stadt Merauke soll sich von derzeit circa 175.000 auf 800.000 Einwohner erhöhen.

Die Ureinwohner Papuas kämpfen seit 50 Jahren für mehr Rechte und Selbstbestimmung. Mehr als 100.000 von ihnen fielen seit Beginn der 60er-Jahre Menschenrechtsverletzungen der indonesischen Armee zum Opfer. Mit einer gezielten Förderung der Ansiedlung von Bewohnern anderer Regionen in Papua haben indonesische Regimes im Rahmen des "Transmigrationsprogramms" versucht, die Bevölkerungsstruktur Papuas zu Ungunsten der Urbevölkerung zu verändern. Der ehemaligen Diktator Suharto (an der Macht von 1967 bis 1998) plante, mit den Umsiedlungen einerseits die überbevölkerten Inseln wie Java zu entlasten und andererseits die indigene Bevölkerung Papuas zu einer Minderheit zu degradieren. Die Ureinwohner sollten so zur Aufgabe ihres Unabhängigkeitskampfes gezwungen werden. Auch das Landwirtschaftsprojekt MIFEE hat zum Ziel, die Papua zur Minderheit in ihrer Heimat zu machen. Die massive Veränderung der Bevölkerungsstruktur wird wiederum Konflikte zwischen den indigenen Gemeinschaften und den zugezogenen Arbeitern entstehen lassen bzw. bestehende soziale und religiöse Konflikte verschärfen. Sowohl der Verlust des Waldes als Lebensraum als auch die wachsenden Einflüsse durch Zuwanderer werden eine kulturelle Entwurzelung zur Folge haben.

Neben diesen schwerwiegenden gesellschaftlichen Aspekten wird das MIFEE-Projekt auch aus ökologischer Sicht scharf kritisiert, denn ein solches Mega-Projekt bedeutet einen verheerenden Eingriff in das ökologische Gleichgewicht der Region. Oft wird zudem die Eignung der Gebiete für die landwirtschaftliche Nutzung im Vorfeld nicht ausreichend geprüft. Beispiele aus der Vergangenheit belegen die dramatischen Folgen: In der Provinz Zentral-Kalimantan scheiterte in den 90er Jahren ein ähnliches Projekt. 10.000 km² Regenwald wurden abgeholzt, um Anbauflächen für Reis zu schaffen, obwohl das Gebiet aufgrund der Bodenqualität und Topographie für die Landwirtschaft völlig ungeeignet war. Bis heute muss die internationale Gemeinschaft in Umwelt- und Entwicklungsprojekte in Kalimantan investieren, denn das Gebiet wurde ökologisch vollkommen zerstört und bietet kaum noch Lebensraum für Mensch und Tier. Sollte das MIFEE scheitern, muss man sich auf ähnliche Folgen einstellen.

Bitte beteiligen Sie sich an dem Appell an die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte Navanethem Pillay, um das Projektes zu verhindern.

 

Zum E-Mail-Protest

 

Weitere Texte zum Thema:

Indonesische Transmigrations-Politik provoziert Unruhen - Resumee März 1999

Dschungelkind: Westpapua – Ein vergessener Konflikt - ( Juli 2005)

Share/Bookmark