18.03.2005

Leidensgeschichte von Adila Kovaèeviæ, Mitglied der Frauensektion der ehemaligen bosnischen Lagerinsassen

Ich heiße Adila Kovaèeviæ und komme aus Foèa. Ich möchte mich für den Preis bedanken, den Sie an die Frauensektion der ehemaligen Lagerinsassen, deren Mitglied ich bin, verliehen haben. Meine Geschichte ist Teil des Mosaiks aus Tausenden Geschichten von Frauen, die jede Art von Misshandlung, Schikanen und der Erniedrigung erlebt haben.

Als der Krieg begann, war ich sechzehn Jahre alt und schon verheiratet. Am 7. April 1992 brachte mich mein Ehemann zur Entbindung ins Krankenhaus und mein Mädchen kam zur Welt. Am gleichen Tag begann das Schießen in Foèa. Mein Ehemann, mein Bruder und viele andere Männer wurden getötet. Man hat mich von meiner Tochter getrennt. Vier Jahre lang habe ich danach nicht mehr von ihr gehört. Zusammen mit anderen Frauen wurde ich zur Gefangenen in Frauenlagern. Serbische Soldaten vergewaltigten mich stundenlang, tagelang, nächtelang, monatelang... Ich wurde gefangen gehalten in mehreren Lagern und privaten Häusern. Ich konnte fliehen, versteckte mich im Wald, versuchte mir das Leben zu nehmen, sie fingen mich zum Schluss jedoch wieder und brachten mich zurück ins Lager.

Mit dem neuen (serbischen) Namen Mira Kovaèeviæ kam ich nach Serbien. Dort verbrachte ich zweieinhalb Jahre. über meine Familie wusste ich nichts. Ich wusste nicht, was mit meiner Tochter geschehen war. Ständig dachte ich an sie und träumte von ihr. Ich versuchte mir vorzustellen, wie ihre Augen aussehen, ihr Haar. Ich stellte mir vor, wie sie mir die Hände reicht und "Mama" zu mir sagt.

Über das Rote Kreuz Serbien erfuhr ich, dass meine Tochter in einem Waisenheim in Igalo in Montenegro war, aus dem sie die Eltern meines Ehemannes zu sich genommen hatten. Als ich 1996 nach Bosnien zurückgekehrt war, wollten meine Schwiegermutter und mein Schwiegervater mir mein kleines Mädchen nicht sofort geben. Da ich einen anderen Namen trug, behaupteten sie, dass ich nicht die Mutter dieses Kindes wäre. Ich musste um meine Tochter kämpfen. Für sie war ich ein unbekanntes Mädchen und nicht die Mutter. Psychisch und physisch war ich vollkommen am Ende. Ich wollte sterben....

Hilfe erhielt ich vom psychologischen Team des Frauenzentrums "Medica" in Zenica, wo ich zusammen mit meiner Tochter sieben Tage verbrachte. Sie ist heute elf Jahre alt, sie liebt mich sehr, so wie auch ich sie sehr liebe. Wir leben in der Nähe von Sarajevo. Nach Foèa werde ich niemals zurückkehren. Dort habe ich die schwersten Tage meines Lebens verbracht. Allein die Erinnerung an diese Zeit ruft Schmerz und Leiden in mir hervor, besonders wenn ich daran denke, dass diejenigen, die mir diese Leiden zugefügt haben, noch immer auf freiem Fuß sind.