17.05.2016

Krimtataren befürchten Provokationen am Jahrestag der Deportation

"Die Verantwortung für Provokationen liegt bei den pro-russischen Machthabern“ (News)

Aktivisten bei einer Demonstration für die Rechte der Krimtataren im Dezember 2015 in Istanbul. Foto: Istanbul Kirim Dernegi via Flickr lizenziert unter Creative Commons BY-SA 2.0

Morgen, am 18. Mai, ist der Jahrestag der Deportation der Krimtataren unter Stalin. Seit der Annexion der Krim 2014 verbieten die lokalen Behörden und die pro-russischen politisch Verantwortlichen jegliche Versammlungen an diesem Tag. Heute jedoch veröffentlichte die russische Nachrichtenagentur TASS überraschend die Nachricht, dass die Machthaber der Krim dieses Jahr keine Versammlungen zum Andenken an die Deportation vor 72 Jahren verbieten werden. Dies, so befürchten nun Krimtataren auf der Krim, könnte zu Provokationen führen: Denn es bleibt für eine offizielle Anmeldung einer Versammlung nicht ausreichend Zeit. Gedenkveranstaltungen könnten somit nur unangemeldet durchgeführt werden, was wiederum  einen Vorwand für weitere Verhaftungen liefern könnte. „Die Verantwortung für Provokationen am morgigen Gedenktag liegt bei den pro-russischen Machthabern“, schreiben krimtatarische Bürgerrechtler der GfbV.

Nicht nur auf der Krim, sondern auch in vielen Städten weltweit erinnern Krimtataren an die Deportation. Dabei wird zudem auf die schwierige Lage auf der Krim heute hingewiesen. In Berlin veranstaltet die Gesellschaft für bedrohte Völker mit der Botschaft der Ukraine einen Abend zum Gedenken und zur aktuellen Menschenrechtssituation. Ab 18 Uhr werden in den Räumen der Botschaft eine Fotoausstellung mit Portraits von Überlebenden der Deportation eröffnet, der Film “A Struggle for Home: The Crimean Tatars" der Regisseurin Christina Paschyn gezeigt, ergänzt durch kurze Vorträge, ein Podiumsgespräch und einen Empfang. Auf dem Pariser Platz vor dem Brandenburger Tor sollen ab 20:30 Uhr die Umrisse der Krim mit Kerzen nachgestellt und eine Mahnwache durchgeführt werden.

Am 18. Mai 1944 wurden die Krimtataren kollektiv deportiert. 15 Minuten hatten sie Zeit, um sich anzuziehen, persönliche Gegenstände einzupacken. Von 238.500 deportierten Krimtataren waren 205.900 Kinder und Frauen. Schon während der Deportation kamen etwa 8.000 von ihnen ums Leben. Im ersten Jahr in der Verbannung starben 46,2 Prozent der Verschleppten. Die Mehrheit der Krimtataren wurde in Usbekistan, Kasachstan und der Wolga-Ural-Region in von der Armee kontrollierten „Spezialsiedlungen“ untergebracht, die sie nicht verlassen durften. Sie hatten keine Pässe und mussten Zwangsarbeit leisten. Alles Krimtatarische auf der Krim wurde vernichtet: Friedhöfe, Moscheen, Häuser und Höfe und Theater umbenannt und für andere Sachen benutzt oder verbrannt. Selbst Namen für Ortschaften und Landschaften wurden durch russische Bezeichnungen ersetzt.


Header Foto: Istanbul Kirim Dernegi via Flickr