14.09.2011

Kopten warten noch immer auf Gerechtigkeit und ein Ende der Diskriminierung

Ägypten sieben Monate nach Mubaraks Sturz

Sieben Monate nach dem Sturz von Diktator Hosni Mubarak hat sich die Lage der Kopten in Ägypten nach Angaben der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) noch immer nicht spürbar verbessert. „Mindestens 27 Kopten sind seit der Entmachtung Mubaraks bei Überfällen oder Auseinandersetzungen mit Muslimen getötet worden, mehr als 200 Angehörige der Minderheit wurden verletzt und drei Kirchen niedergebrannt“, berichtete der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Mittwoch in Göttingen. „Vergeblich warten Kopten bislang auf eine Bestrafung der Verantwortlichen. Salafistische Extremisten nutzen die neuen Freiräume, um gegen Angehörige der religiösen Minderheit zu hetzen und den Bau dringend benötigter Kirchen zu verhindern.“

Erst am vergangenen Freitag drohten radikale Muslime in dem Dorf Elmarinab in Oberägypten (Provinz Assuan), die Sankt Georgs-Kirche niederzubrennen. Das im vergangenen Jahrhundert erbaute Gotteshaus war in einem so katastrophalen Zustand, dass der Gouverneur von Assuan im Juni 2010 seine Restaurierung genehmigt hatte. Ein Jahr später wurde mit den Umbauarbeiten begonnen. Doch seither reißen die Proteste von Salafisten nicht ab, die mit allen Mitteln die Instandsetzung der Kirche verhindern wollen. Dabei nutzen sie die neuen demokratischen Freiheiten und protestieren öffentlich gegen die Restaurierung. Die Kirche sei früher ein Freizeitheim gewesen und könne sich daher nicht auf einen Bestandsschutz berufen, argumentieren die Salafisten.

Ägyptens Behörden schützen die Rechte der religiösen Minderheit, die rund zehn Prozent der Bevölkerung stellt, nur halbherzig. Statt klar Partei zu ergreifen und gegen Verletzungen der Rechte der Kopten einzuschreiten, wird versucht, zwischen Kopten und radikalen Muslimen zu vermitteln. Die Behörden riefen auch im Streit um die Kirchen-Modernisierung in Elmarinab zu einem „Versöhnungstreffen“ der Konfliktparteien auf, das die Kopten als Verlierer verließen. Dabei konnten die Salafisten, die kein Interesse an einem Ausgleich mit den Kopten zeigen, bei den öffentlichen Auseinandersetzungen auch noch für sich werben.

Zwar berät die Regierung über ein Gleichstellungsgesetz, das vage Diskriminierung verbietet und höhere Geldstrafen bei Missachtung vorsieht. Doch koptische Organisationen kritisieren, dass die möglichen Strafen nicht ausreichend abschrecken. Vergeblich fordern sie bis heute ein umfassendes Anti-Diskriminierungsgesetz.

Verbittert sind die Kopten vor allem, weil der Terroranschlag auf die Kathedrale Alexandrias in der Neujahrsnacht noch immer nicht aufgeklärt ist. Bei dem Anschlag wurden 24 Gläubige getötet und 97 verletzt. Wegen Verschleppung der Ermittlungen wird die Koptische Kirche voraussichtlich noch in diesem Monat Strafanzeige gegen den Ministerpräsidenten, den Justizminister und den obersten Bundesanwalt Ägyptens stellen. Die Koptische Kirche wirft ihnen vor, die Ermittlungen willkürlich zu verschleppen.