21.02.2011

Kopten demonstrieren für säkularen Staat

Ägypten: Christen fordern mehr Rechte

Mehr als 2.000 Kopten demonstrierten am gestrigen Sonntag vor dem Gebäude des ägyptischen Staatsfernsehens in Kairo und forderten eine Verfassungsänderung, um Ägypten zum säkularen Staat zu erklären. Die Demonstranten trugen Plakate mit Fotos von Angehörigen der christlichen Minderheit, die bei den Protesten gegen das Mubarak-Regime von Sicherheitskräften und ihren Handlangern getötet worden waren, berichtete die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) am Montag in Göttingen.

"Wir wollen gleiche Rechte für alle Bürgerinnen und Bürger", erklärten Demonstranten. Bislang betont Artikel 2 der Verfassung, dass der Islam Staatsreligion in Ägypten ist und die Scharia, das traditionelle muslimische Recht, die bedeutendste Rechtsgrundlage des Landes ist. "Wir haben in den letzten Wochen dafür gekämpft, dass Ägypten nicht mehr eine Staatsreligion hat, sondern ein weltlicher Staat wird, der seinen Bürgern nicht die Religion vorschreibt", erklärte ein Kopte.

Der Große Imam der Al-Azhar Moschee in Kairo, Ahmed al-Tayeb, hatte noch letzten Mittwoch im Staatsfernsehen vor einer Änderung des Artikels 2 nachdrücklich gewarnt. "Der Artikel zählt zu den Konstanten des Staates und jeder Versuch, ihn zu verändern, kann zu Religionsunruhen führen", warnte der führende muslimische Geistliche. Die Al-Azhar Moschee und die angeschlossene gleichnamige Universität gelten als die bedeutendsten sunnitischen Institutionen in Ägypten. Nachdem Papst Benedikt XVI. im Januar 2011 seine Besorgnis über die Lage der Kopten öffentlich geäußert hatte, hatte Al-Azhar den Dialog mit dem Vatikan bis auf weiteres ausgesetzt. Al-Azhar und der Vatikan tauschen sich gewöhnlich zweimal jährlich in Fragen des Glaubens aus.

Fünfzehn ägyptische Menschenrechtsorganisationen haben in einer gemeinsamen Erklärung die Ernennung des pensionierten Richters Tareq al-Bishri zum Vorsitzenden der achtköpfigen Verfassungskommission kritisiert, die Verfassungsänderungen ausarbeiten soll. Zwar bescheinigten die Nichtregierungsorganisationen dem 77Jahre alten Juristen große fachliche Kompetenz, bezeichnen ihn jedoch als Verfechter eines "politischen Islam", dessen Ideologie der Konzeption eines weltlichen Staates entgegensteht. Bishri hatte in der Vergangenheit mehrfach die koptische Kirche als "Staat im Staate" kritisiert und Christen als Nicht-Staatsbürger bezeichnet. Die Menschenrechtsorganisationen appellierten an die Ägypter, die "Ziele der Revolution zu verteidigen", um mit einer weltlichen Verfassung die Grundlage für "sozialen Frieden und nationale Einheit" zu legen.

Der Verfassungskommission gehört auch der Kopte Maher Samy Youssef an, der als Richter am Verfassungsgerichtshof tätig ist. Mit dem Rechtsanwalt Sobhy Saleh gehört dem Gremium auch ein beliebtes Mitglied der Muslimbruderschaft an.